In den letzten Jahren geriet die Bundeswehr mehrfach wegen rechtsradikaler und rechtsextremer Vorfälle in die Schlagzeilen: Der Oberleutnant Franco A. steht seit seiner Festnahme 2017 unter Terrorverdacht. Soldaten, Polizisten und andere Beamte bereiten sich seit Jahren im „Hannibal-Netzwerk“ mit Waffenlagern, Schießübungen und Feindeslisten auf einen Zusammenbruch der Staatsordnung an einem „Tag X“ vor. Besonders viele Verdachtsfälle häufen sich bei Elitesoldaten des Kommando Spezialkräfte.
In den aktuellen Debatten um Rechtsradikalismus in der Bundeswehr wird meist nur, wenn überhaupt, auf die 1990er Jahre verwiesen, in denen es eine ähnliche Skandalwelle gegeben hatte. Die Kontinuitäten reichen jedoch viel weiter zurück. Trotz der massiven Überwachung durch die Stasi provozierten hundertfach NVA-Soldaten mit pronationalsozialistischen sowie antisowjetischen und antisemitischen Äußerungen. Dagegen gingen die Praktiken rechtsradikaler Akteure in der Bundeswehr auch weit darüber hinaus: Aktivitäten in rechten Parteien wie der NPD, rassistisch motivierte Gewalttaten und rechtsterroristische Handlungen stellten das neue reformerische Leitbild vom verfassungstreuen „Staatsbürger in Uniform“ immer wieder auf eine harte Probe.
In seinem Vortrag stellt der Historiker Jakob Saß erste
Ergebnisse seines Promotionsprojektes vor. Welche Spielräume hatten
rechtsradikale Soldaten in beiden deutschen Streitkräften? Welche Rolle
spielten dabei rehabilitierte ehemalige Wehrmachts- und SS-Offiziere? Wie
reagierte der Staat auf die Vorfälle? Und welchen Einfluss hatten öffentliche
Skandalisierungen?
Veranstaltungsort ist die Villa ten Hompel. Eine Anmeldung ist aktuell nicht nötig. Die Teilnahme ist kostenlos. Wir bitten um das Tragen einer medizinischen Maske. Das Gespräch wird außerdem online über Zoom übertragen. Der Zugangslink zum Meeting wird rechtzeitig auf dieser Seite veröffentlicht.
Jakob Saß, geboren 1990 in Berlin, ist Historiker und freier Autor. 2020 beendete er sein Masterstudium „Public History“ an der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die beiden Weltkriege, der Holocaust und die Täterforschung im Bereich der SS sowie die Geschichte der radikalen Rechten nach 1945 und Geschichtsdarstellungen in Computerspielen. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitet er am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam an seiner Promotion zum Thema „Die Radikale Rechte in der Bundeswehr und NVA (1955/56-1998)“.
In Kooperation mit dem Evangelischen Forum Münster e. V., Gegen Vergessen – Für Demokratie Regionalgruppe Münsterland e. V., der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster e. V. und dem LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte
Termin:
Mittwoch, 18. Mai, 19 Uhr
Stadt Münster