Man könnte die zunehmende digitale Ausstattung von Schulen als Spielerei abtun, aber muss anerkennen, dass in Zeiten der Pandemie eine durchgehende Digitalisierung des Unterrichts viele Vorteile bietet.
Wie das funktionieren kann, sieht man am Weiterbildungskolleg der Stadt Münster (WBK). In allen Räumen stehen hier elektronische Tafeln bereit und jeder, sowohl Lehrende als auch Studierende, so heißen die erwachsenen Schülerinnen und Schüler am WBK, trägt ein iPad mit sich herum, das der Schulträger kostenfrei zur Verfügung stellt. Auch wenn Masken und Lüftungsanlagen die Ausbreitung des Corona-Virus bremsen, so ist auch das WBK vor Infektionen nicht gefeit. Hier spielt die digitale Ausstattung nun ihre Stärke aus. Studierende können nicht nur über die Lernplattform bereitgestelltes Material zuhause nutzen und ihre Ergebnisse einreichen, auch können sie mithilfe von Videokonferenzen am Unterricht teilnehmen. Nahezu alle Räume sind mittlerweile auch mit Webcams ausgestattet, so dass ein Lehrender selbst aus der Quarantäne heraus unterrichten kann und dabei die Klasse im Blick hat.
Auch sonst hat die Digitalisierung den Unterricht schon jetzt deutlich verändert. Manchmal sind elektronischer Stift, Whiteboard und iPad einfach nur praktischer Ersatz für Kreide, Tafel und Collegeblock. In vielen anderen Fällen bietet diese Ausstattung aber auch einen echten Mehrwert: Die Studierenden können digital gemeinsam an Dokumenten arbeiten und diese direkt vom iPad auf die Tafel projizieren, um ihre Arbeitsergebnisse vorzustellen. Videos können individuell am eigenen Gerät geschaut oder gleich selbst gedreht werden. Durch digitale Lernplattformen sind auch immer alle Materialien und Mitschriften verfügbar. Niemand kann mehr zuhause etwas vergessen, denn alles kann selbst bei einem leeren Akku mit einem anderen Gerät abgerufen werden. Selbst das Klassenbuch geht nicht verloren, denn dies führen die Lehrenden auch digital.
Dass die zunehmende Digitalisierung nicht sofort auf einhellige Begeisterung stieß, kann auch Martin Klüsener, Schulleiter am WBK, bestätigen: “Zu Beginn waren selbstverständlich einige Kolleginnen und Kollegen skeptisch und befürchteten angesichts der ohnehin schon sehr hohen Belastung durch die Pandemie eine Überlastung. Viele hinterfragten auch die Sinnhaftigkeit – lief der Unterricht auch ohne iPads und Digitalisierung schon immer problemlos. Nach Fortbildungen und ersten Annäherungen erklärten sich dann jedoch immer mehr Kolleginnen und Kollegen bereit, erste “iPad-Klassen” einzurichten. Und die Erfahrung zeigt: Wer ins kalte Wasser springt, die Expertise der Studierenden und Kolleginnen und Kollegen aufgreift und auch selbst die vielen neuen Funktionen einfach mal “ausprobiert”, merkt schnell, dass Vieles leichter als gedacht ist. Ich denke, wir befinden uns gerade in einer sehr guten Phase der Digitalisierung: Es gibt natürlich noch viel zu tun, aber die ersten und sehr wichtigen Schritte sind gemacht.” Diese Erfahrungen teilen auch viele seiner Kolleginnen und Kollegen. “Wir haben es beispielsweise beim Semesterwechsel gemerkt, wie einfach eine Klassenübergabe durch die Digitalisierung geworden ist: Ich füge den Kollegen oder die Kollegin einfach als Besitzer dem digitalen Kurs hinzu und der- oder diejenige sieht auf einen Blick, welche Inhalte im letzten Schuljahr behandelt wurden. Außerdem plane und strukturiere ich den Unterricht jetzt ganz anders. Das schafft auch für die Studierenden viel Transparenz. Versäumte Inhalte können problemlos nachgearbeitet werden - gerade in Pandemiezeiten ist das unglaublich wichtig.”, so eine Fachlehrerin.
Hinter dem Einsatz von iPad, elektronischem Whiteboard und vielen Software-Produkten steht auch ein logistischer Aufwand. Nicht nur muss die Stadt Münster über die citeq ständig die schulübergreifenden Plattformen und Programme betreiben, auch müssen die Schulen selbst für die ständige Funktionsfähigkeit sorgen. So bleibt auch viel Arbeit an Schulleitung und Lehrenden hängen, damit jeder Studierende zu jeder Zeit alle Geräte und Programme nutzen kann. Dennoch sind sich alle einig: Der Aufwand lohnt sich, vor allem auf Dauer. Und das häufigste Problem lässt sich zum Glück leicht lösen: Vergessene Passwörter können zügig wieder zurückgesetzt werden.