Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg entwickelt sich die Auszählung der Stimmen für die FDP zur Zitterpartie. Wie sich am Montag herausstellte, kam es bei der vorgeschalteten Schnellzählung am Sonntagabend in einem Wahllokal zu einer Verwechslung der Stimmen von FDP und Grünen, wodurch den Liberalen in etwa 400 Stimmen zu viel gutgeschrieben wurden. Laut vorläufigen Zahlen vom Wahlabend zog die FDP mit fünf Prozent nur knapp in die Bürgerschaft ein.
Aufgrund des komplizierten Wahlrechts der Hansestadt mit zehn Einzelstimmen pro Wähler wird das vorläufige amtliche Ergebnis erst am Montag durch eine genaue Auszählung sämtlicher Stimmen ermittelt. Bei den Zahlen vom Sonntag handelte es sich nur um eine vereinfachte Auszählung der Zweitstimmen, die aufgrund des großen öffentlichen Interesses bereits vorab vorgenommen wird.
Nach Angaben des örtlich zuständigen Bezirkswahlleiters kam es in einem Wahllokal im Stadtteil Langenhorn im Norden der Hansestadt zu dem Fehler. Die FDP erhielt dort laut Schnellzählung 5,1 Prozent, die Grünen kamen auf 22,4 Prozent. Die Werte wurden anschließend aber vertauscht und flossen so in die vorläufigen Zahlen ein.
Im Zuge der am Montag ohnehin stattfindenden kompletten Neuauszählung aller Stimmzettel wurde dies erkannt und behoben. Ein Auszählfehler in dieser Größenordnung von einigen hundert Stimmen ist der Bezirkswahlleitung nach ungewöhnlich. Die Auswirkungen auf das Gesamtergebnis auf Landesebene waren zunächst allerdings unklar, da sich auch an anderen Stellen oder aus anderen Gründen Änderungen ergeben können. Das abschließende amtliche Endergebnis wird ohnehin erst in zwei Wochen vorliegen.
Bei der Wahl am Sonntag hatte die SPD um ihren Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher einen deutlichen Sieg errungen. Den vorläufigen Zahlen zufolge kam sie auf 39 Prozent. Die Grünen, mit denen die SPD 2015 eine rot-grünen Koalition bildet, erreichten 24,2 Prozent. Es folgten die CDU mit 11,2 Prozent und die Linken mit 9,1 Prozent. Auf die AfD entfielen 5,3 Prozent und die Liberalen wurden mit exakt fünf Prozent veranschlagt.
SPD und Grünen könnten ihre Koalition mit einer überaus breiten Mehrheit fortsetzen. Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank, zugleich Zweite Bürgermeisterin der Hansestadt, erneuerte entsprechende Forderungen an die Adresse der SPD. Beide Parteien hätten nun einen "ganz klaren Regierungsauftrag", sagte Fegebank am Montag in Berlin. Alles andere wäre Wählern "nicht vermittelbar".
Tschentscher bezeichnete Rot-Grün am Montag in Berlin erneut als "naheliegende Option". Das Regierungsbündnis aus SPD und Grünen habe in Hamburg "große Unterstützung bei den Bürgern", ergänzte er. Ähnlich hatte sich der Bürgermeister bereits den ganzen Wahlkampf hindurch geäußert. Am Wahlabend hatte er aber auch Gespräche mit der CDU über eine große Koalition nicht ausgeschlossen.
Die Wahrscheinlichkeit eines Bündnisses zwischen SPD und CDU in der Hansestadt gilt unter Beobachtern aber als gering. Die Zusammenarbeit zwischen SPD und Grünen in den vergangenen Jahren verlief reibungslos, es gibt zwischen beiden Parteien keine fundamentalen Konflikte.
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