US-Präsident Biden hatte noch am Montag die Lieferung von Mehrfachraketenwerfern an die Ukraine ausgeschlossen, die Ziele in Russland erreichen könnten. Am Dienstagabend kündigte er allerdings in einem Meinungsbeitrag für die "New York Times" an, der Ukraine "fortschrittlichere Raketensysteme" zu liefern. Diese würden es "ermöglichen, wichtige Ziele auf dem Schlachtfeld in der Ukraine präziser zu treffen", schrieb Biden. Er betonte allerdings ebenfalls: "Wir ermutigen oder ermöglichen der Ukraine nicht, jenseits ihrer Grenzen zuzuschlagen".
Die neue Ausrüstung ist Teil eines weiteren militärischen Hilfspakets für die Ukraine im Gesamtwert von 700 Millionen Dollar (650 Millionen Euro). Einzelheiten sollen am Mittwoch bekannt gegeben werden.
Die Ukrainer hatten schon seit einiger Zeit Mehrfachraketenwerfer gefordert - Biden hatte davor bislang allerdings zurückgeschreckt, um die Atommacht Russland nicht zu provozieren.
Das auf Fahrzeugen montierte Himars-System kann mehrere Lenkraketen gleichzeitig abfeuern. Die Besatzung kann zudem binnen weniger Minuten nachladen und eine neue Salve abfeuern, ohne dass dafür extra Unterstützungsfahrzeuge nötig wären. Sowohl die Ukraine als auch Russland verfügen bereits über ähnliche Waffen, aber das US-System hat eine höhere Reichweite und Präzision. Mit der richtigen Munition kann es 300 Kilometer weit feuern. Wie der Regierungsvertreter betonte, wollen die USA jedoch keine Munition mit solch großer Reichweite liefern.
Allerdings wollen sie den Ukrainern helfen, sich gegen russische Artillerie zu verteidigen, die oft auf dutzende Kilometer Entfernung die ukrainischen Verteidigungsstellungen im Osten angreifen. Dem haben die ukrainischen Streitkräfte bislang wenig entgegenzusetzen. "Die Himars würden das Spielfeld ausgleichen", sagte ein hoher US-Verteidigungsbeamter.
Die USA haben selbst Einheiten mit diesen Waffen in Europa stationiert. Auch die Nato-Verbündeten Polen und Rumänien haben die Systeme erworben.
In seinem Gastbeitrag in der "New York Times" schrieb Biden, er wolle, dass die Ukraine im Falle von Verhandlungen mit Russland "in der stärksten Position" sei. Dabei versicherte der US-Präsident, dass er "weder privat noch öffentlich Druck auf die ukrainische Regierung ausüben wird, um territoriale Zugeständnisse zu machen". Damit wies er Forderungen wie die des ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger zurück, der der Meinung ist, dass Kiew für einen schnellen Frieden auf einige Gebiete im Osten dauerhaft verzichten müsste.
Seinem russischen Kollegen Wladimir Putin versicherte Biden, dass die Verbündeten der Ukraine nach wie vor eine geeinte Front bilden: Wenn der russische Präsident "erwartet, dass wir in den kommenden Monaten zögern oder uns spalten, dann irrt er sich".
fml
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