28.2.2020/Düsseldorf. Die Hauptlast der Energiewende trägt zweifellos der kreisangehörige Raum. Im Positionspapier „Für erneuerbare Energien und aktiven Klimaschutz“ stellt der Landkreistag NRW nun die Kernforderungen der NRW-Kreise für ein Gelingen der Energiewende dar. Die Kreise in NRW sind sich ihrer Verantwortung zur Erreichung der Klimaschutzziele bewusst. Maßnahmen zum wirksamen Schutz unserer Umwelt stehen seit Langem bei den Kreisen ganz oben auf der Agenda. Rund 95 Prozent der Kreise haben bereits ein Konzept für den Klimaschutz und der Nutzung erneuerbarer Energien ausgearbeitet. In den meisten Kreisen gibt es zudem Klimaschutzmanager. Dabei sind die Kreise hauptsächlich in den Bereichen Nachhaltigkeit, Abfallwirtschaft, Energieeinsparung und energetische Sanierung, Ausbau erneuerbarer Energien und Mobilität tätig – und dies schon seit vielen Jahren, wie auch das Beispiel des Kreises Coesfeld zeigt.
Bereits im Jahr 2007 bildete der Kreistag des Kreises Coesfeld eine interfraktionelle „Arbeitsgruppe Klimaschutzaktivitäten“ unter Leitung von Dr. Thomas Wenning. Das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2016 liefert die strategische Grundlage für die Energie- und Klimapolitik des Kreises. Darin sind mehr als 40 konkrete Maßnahmen benannt, die sich auf verschiedene Handlungsfelder erstrecken, darunter das Energiemanagement kommunaler Gebäude, die Energieeffizienz in Gebäuden, Abfallwirtschaft, klimafreundliche Mobilität, erneuerbare Energien und vieles mehr. Das Konzept wird seitdem sukzessive umgesetzt und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und somit auch zur Reduktion der Treibhausgasemissionen.
Seither ging es Schlag auf Schlag; von den Solarzellen auf dem Kreishausdach bis hin zum Blockheizkraftwerk im Keller wurden zahlreiche Modellprojekte realisiert; zudem wurden die Kreisbeschäftigten in Sachen Energieeinsparung geschult und sensibilisiert. Die Konjunkturpakete des Bundes nutzte der Kreis gezielt, um seine Liegenschaften energetisch zu ertüchtigen – darunter auch die komplette Erneuerung der Heizungszentrale mit einem Pelletkessel an einem Berufsschulstandort.
„Wir vereinen Ökologie und Ökonomie – denn Klimaschutz kann sich rechnen!“, ist Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr überzeugt. Was auch Privatleute tun können, zeigt die Gemeinschaftsinitiative „Clever wohnen“ eindrucksvoll: Fassadendämmung, Dachisolierung, Heizungstausch, Photovoltaik mit Speicherelementen – die Liste der Möglichkeiten ist lang. Im Rahmen der Klimaschutzwoche, die bereits zweimal (2017 und 2019) kreisweit stattfand, wird aufgezeigt, wie ein geändertes Bewusstsein und Verbraucherverhalten zu Verbesserungen führt. In diesem Rahmen konnten sich auch Bürgerinnen und Bürger von Energieexperten unabhängig und individuell zu Solaranlagen, in Kombination mit Stromspeichertechniken, aber auch über finanzielle Fördermöglichkeiten beraten lassen.
Essentiell für einen wirkungsvollen Klimaschutz ist dabei die Energiewende. Der kreisangehörige Raum in NRW ist bereits heute der Haupterzeuger erneuerbarer Energien: 93 Prozent des Ökostroms aus NRW wird in den 31 NRW-Kreisen erzeugt. Und der Kreis Coesfeld investierte gezielt in eine Biogasaufbereitungsanlage, um diese Entwicklung noch weiter zu befördern. Mit der im Jahr 2013 in Betrieb genommenen Anlage am Standort der Deponie Coesfeld-Höven wird neben der bereits stofflichen Verwertung der rund 45.000 Tonnen Bio- und Grünabfälle, die im Kreis Coesfeld anfallen, nunmehr das Biogas auch energetisch genutzt. Fossiles Erdgas wird bei der Aufbereitung 1:1 ersetzt. Mit der Biogasenergieausbeute von 17.000.000 bis 23.000.000 kWh können bis zu 1.400 Standardhaushalte mit Wärmeenergie versorgt werden. Zudem realisierte der Kreis eine circa 1 MW große Photovoltaikanlage auf einem ehemaligen Deponiegelände – neben vielen weiteren Maßnahmen. Auf kreiseigenen Bestandsgebäuden werden sukzessive PV-Anlagen nachgerüstet und bei der Planung neuer Gebäude direkt mitberücksichtigt. Für seine Initiativen und Maßnahmen wurde der Kreis Coesfeld im letzten Herbst erstmalig mit dem European Energy Award (eea) in Gold zertifiziert.
Um die Klimaziele zu erreichen, sind aber noch mehr Anlagen nötig. Und auch diese werden überwiegend im kreisangehörigen Raum gebaut werden müssen. „Ohne die Kreise und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ist der Umstieg auf erneuerbare Energien nicht realisierbar. Zugleich tragen die Kreise die Hauptlast der Energiewende“, betont Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr. Im „Positionspapier für erneuerbare Energien und aktiven Klimaschutz“ stellt der kommunale Spitzenverband der Kreise in NRW seine Forderungen für ein Gelingen der Energiewende dar. „Kreise und kreisangehörige Kommunen als Träger der Energiewende müssen unterstützt und die mit der Energiewende verbundenen Belastungen des kreisangehörigen Raums ausgeglichen werden“, lautet die Kernforderung des LKT NRW. Im Klimapapier zählt der Verband Maßnahmen für ein Gelingen der Energiewende auf. Diese reichen von einer klaren Rechtslage für die Planung neuer Energieparks, über Energiesicherheit bis hin zu Kompensationen für die Hauptlastträger. Das Papier findet sich auf der Internetseite des Verbandes: www.lkt-nrw.de
Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen (LKT NRW) ist der kommunale Spitzenverband der 31 Kreise des Landes mit rund 11 Millionen Einwohnern.
Foto: Die Mitglieder des Unterausschusses Klimaschutz freuten sich mit Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr (vorne links), dem Vorsitzenden Dr. Thomas Wenning (vorne rechts), Klimaschutzmanagerin Kristin Holz (vorne) und weiteren Fachleuten des Kreises über den eea in Gold (Archivbild: Kreis Coesfeld).