Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält die vom russischen Energiekonzern Gazprom angekündigte Drosselung der Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 für politisch motiviert. Er sei der Auffassung, dass es sich bei der am Dienstag mitgeteilten Drosselung um eine "politische Entscheidung" handele, sagte Habeck am Mittwoch in Berlin. Das Vorgehen sei "nicht technisch begründbar".
Gazprom hatte am Vortag angekündigt, dass die Gaslieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream deutlich gekürzt werden. Es könne nur noch eine Durchleitung von 100 Millionen Kubikmetern Gas am Tag anstelle der üblichen 167 Millionen Kubikmeter sichergestellt werden - das ist eine Reduzierung um gut 40 Prozent.
Gazprom führte als Grund für die reduzierte Gasmenge unter anderem an, dass derzeit nach Reparaturarbeiten mehrere Kompressoren des deutschen Siemens-Konzerns am Startpunkt der Pipeline fehlten. Habeck betonte am Mittwoch allerdings, dass die Wartung der von Siemens hergestellten Verdichtungsanlagen nicht den europäischen Sanktionen gegen Russland unterliege. Die Wartung laufe über Kanada - sein Haus sei "mit den Kanadiern" im Gespräch über das Thema.
Die erste relevante "Wartungstranche" der Verdichter falle nach Kenntnis der Bundesregierung aber eigentlich erst in den Herbst, führte Habeck aus. Sie würde auch nicht zu einer Reduzierung der durchgeleiteten Gasmenge um 40 Prozent führen. Somit sei von einer politisch motivierten Entscheidung auszugehen.
Habeck betonte erneut, dass es keine Versorgungsprobleme in Deutschland gebe. Wie sich die Gazprom-Entscheidung insgesamt in Europa auswirke, sei noch offen. Dies werde erst in zwei oder drei Tagen klar sein.
Die 2011 in Betrieb genommene Nord-Stream-Leitung ist die Gas-Pipeline mit der höchsten Kapazität zwischen Russland und Deutschland. Sie verläuft vom russischen Wyborg nordwestlich von St. Petersburg bis nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. Durch die Pipeline wurden 2021 nach Angaben der Betreibergesellschaft 59,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland nach Europa exportiert.
Die russischen Erdgaslieferungen nach Europa sind seit Inkrafttreten der europäischen Sanktionen gegen Moskau wegen der militärischen Intervention in der Ukraine deutlich gesunken. Gazprom unterbrach zudem die Belieferung mehrerer europäischer Kunden, darunter Polen und die Niederlande, weil diese sich weigerten, für das Gas in Rubel zu bezahlen. Für Deutschland galt dies nicht.
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