Berlin/Gaza-Stadt - (ots) - Viele Kinder leiden stark unter der inzwischen 15 Jahre andauernden Blockade des Gazastreifens und haben kaum Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Das geht aus der heute veröffentlichten Studie "Trapped" hervor, für die Save the Children 488 Kinder und Jugendliche sowie 168 Eltern und Betreuungspersonen im Gazastreifen befragt hat.
Die Ergebnisse zeigen: Das psychische Wohlbefinden von Kindern hat sich seit einer ähnlichen Studie vor fünf Jahren deutlich verschlechtert. Hatten 2018 nur rund die Hälfte von ihnen emotionale Probleme, so sind es heute 80 Prozent. Sie fühlen sich ängstlich (84 Prozent), angespannt (80 Prozent) und deprimiert (77 Prozent). Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen hat Suizidgedanken, 60 Prozent verletzen sich selbst.
"Die Not dieser Kinder ist schockierend und sollte ein Weckruf für die internationale Gemeinschaft sein", appelliert Jason Lee, Länderdirektor von Save the Children in den besetzten palästinensischen Gebieten. "Viele fürchten sich vor dem nächsten Gewaltausbruch. Sie können nicht mehr schlafen, nässen ein, manche hören auf zu sprechen oder sind nicht mehr in der Lage, die einfachsten Aufgaben zu erledigen. Die Ursachen dieses Konflikts müssen bekämpft und Maßnahmen zum Schutz aller Kinder und Familien getroffen werden. Sie verdienen ein Leben in Sicherheit und Würde!"
Der 14-jährige Amr erinnert sich noch gut an die Eskalation der Gewalt im vergangenen Jahr: "In der Nacht konnte ich nicht schlafen, weil ich einen Albtraum hatte. Ich hatte Angst, dass sie unser Haus oder das Haus unserer Nachbarn bombardieren würden. Mein Vater beruhigte mich, und ich versuchte wieder einzuschlafen."
Dem Bericht zufolge stehen auch Eltern und Bezugspersonen unter großem Druck. 96 Prozent sind unglücklich und ständig besorgt. Bereits in der Befragung vor fünf Jahren hatten sie angegeben, durch die Blockade, die zunehmende Armut und die Daueranspannung an ihre Grenzen zu stoßen. Bei einer weiteren Eskalation der Lage - so damals die Befürchtung vieler - würde ihnen irgendwann gänzlich die Kraft fehlen, für ihre Schützlinge da zu sein.
Die 14-jährige Ameera hat noch Hoffnung auf eine bessere Zukunft. "Wenn die Blockade heute aufgehoben würde, könnte ich mich wieder mit der Welt verbunden fühlen", sagt sie. "Ich könnte tun, was ich wirklich tun will, und gehen, wohin ich will. Ich würde Informatik studieren und einen Abschluss in Virtual Reality Design machen. Hier in Gaza habe ich diese Möglichkeit nicht."
Immer wieder eskalierte in den vergangenen Jahren die Gewalt in Gaza; hinzu kam die COVID-19-Pandemie. Fast die Hälfte der rund zwei Millionen Einwohner des schmalen Landstreifens zwischen Israel, Ägypten und der Mittelmeerküste sind Kinder. Über 800.000 Kinder kennen keinen Alltag ohne die von Israel verhängte Land-, Luft- und Seeblockade.
Save the Children fordert die israelische Regierung auf, unverzüglich die Blockade entsprechend der Resolution 1860 des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahr 2009 aufzuheben. Die internationale Gemeinschaft - und darunter auch die deutsche Bundesregierung - sollte Israel dringend auffordern, die Besetzung zu beenden. Außerdem müssen alle Parteien zusammenarbeiten, um die Voraussetzungen für erneute Gespräche auf der Suche nach einer gerechten Lösung zu schaffen, damit Kindern und Familien geholfen werden kann.
Save the Children Deutschland e.V.