Nach den dritten Parlamentswahlen in Israel innerhalb nur
eines Jahres hat sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Sieger erklärt.
Er habe einen "Riesensieg" errungen, der "alle Erwartungen"
übertreffe, sagte der 70-Jährige in der Nacht zum Dienstag. Allerdings war nach
den bis dahin vorliegenden Prognosen weiterhin unklar, ob diesmal eine absolute
Mehrheit für Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei und ihre Verbündeten im
Parlament zustande kommen würde.
Die auf Befragungen bei Verlassen der Wahllokale basierenden Prognosen dreier Sender sahen Likud bei zwischen 36 bis 37 Mandaten. Zusammen mit anderen rechten und ultraorthodox-jüdischen Parteien käme Netanjahus Bündnis demnach aber nur auf 59 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset - zur für die Regierungsbildung wichtigen absoluten Mehrheit würden zwei Mandate fehlen.
Auch wenn die Perspektiven einer Regierungsbildung ungewiss blieben, war der sich abzeichnende deutliche Vorsprung des Likud für den von einer Korruptionsanklage belasteten Netanjahu zweifellos ein persönlicher Erfolg. Die Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Blau-Weiß-Liste vorhergesagt. Bei den Wahlen im April und September hatte es zwischen den Lagern von Netanjahu und Gantz ein Patt gegeben. Beide Male war danach eine Regierungsbildung gescheitert.
Bei einem Auftritt vor Anhängern in Tel Aviv mokierte sich der geschäftsführende Regierungschef über all jene, die "das Ende der Ära Netanjahu vorhergesagt" hätten. Netanjahu sprach vom "wichtigsten Sieg meines Lebens". Gantz räumte unterdessen ein, dass er "ein anderes Ergebnis" erwartet habe. "Ich teile Eure Gefühle der Enttäuschung und des Schmerzes", rief der frühere Generalstabschef der israelischen Armee Anhängern in Tel Aviv zu.
In zwei Wochen soll in Jerusalem ein Strafverfahren gegen Netanjahu wegen Betrugs, Bestechlichkeit und Veruntreuung von Geldern beginnen. Netanjahu ist der erste amtierende Ministerpräsident in der Geschichte Israels, der unter Anklage steht. Benjamin war erstmals von 1996 bis 1999 Ministerpräsident. 2009 kehrte er in das Amt zurück, das er seither ohne Unterbrechung ausübt.
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sprach mit Blick auf die ersten Prognosen von einem Sieg für die "Annexion". Die Siedlungspolitik Netanjahus habe gewonnen. Der Ministerpräsident hatte im Wahlkampf die rasche Annexion des strategisch wichtigen Jordantals sowie einer Reihe israelischer Siedlungen im Westjordanland versprochen. Zudem hatte er mehrere Siedlungsbauprojekte im Westjordanland und in Ost-Jerusalem angekündigt.
Die Annexion des Jordantals sowie jüdischer Siedlungen im Westjordanland ist auch im umstrittenen US-Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump vorgesehen. Im Wahlkampf hatte Netanjahu sein gutes Verhältnis zum US-Präsidenten hervorgehoben und dessen Nahost-Plan als sein eigenes Verdienst dargestellt.
Die Palästinenser lehnen die US-Vorschläge vehement ab - auch deshalb, weil darin von Jerusalem als "ungeteilter" Hauptstadt Israels die Rede ist. Die Palästinenser wollen Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres angestrebten eigenen Staates machen.
dja
© Agence France-Presse