Münster - (pbm) - Es bleibt nur wenig Zeit zu handeln: Deutschland erlebt gerade den zweitwärmsten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Und nach zwei sehr trockenen Jahren hat es immer noch nicht genug geregnet, um das Defizit wieder aufzuholen. Der Klimawandel ist allgegenwärtig. Und die Landwirtschaft ist mittendrin: Sie ist Mitverursacherin und Leidtragende der Klimaveränderungen. Wie kann und muss sie sich lokal und global weiterentwickeln, damit sie zukunftsfähig bleibt? Und noch wichtiger: Wie kann sie zur Milderung des Klimawandels beitragen? Unter dem Titel „Landwirtschaft im Klimawandel“ diskutierten am 29. Februar Referenten aus Wissenschaft, Praxis und relevanten gesellschaftlichen Gruppen in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster. Eingeladen dazu hatten die Deutsche Kommission von Justitia et Pax, die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands (KLB), das Franz Hitze Haus sowie die KLB im Bistum Münster.
Lokal wie global wurden die Landnutzung, die Tierhaltung, der Handel und die Auswirkungen auf die betroffenen Menschen in den ländlichen Räumen auch unter christlich-ethischen Fragestellungen in den Blick genommen. Weihbischof Dr. Stefan Zekorn sah in seinem Grußwort nicht nur die Landwirte in der Pflicht. „Ohne Veränderung von uns Verbrauchern geht es nicht“, sagte er und appellierte damit an alle, das eigene Verhalten beim Energieverbrauch und beim Konsum zu hinterfragen.
Die päpstliche Enzyklika Laudato si habe der Natur einen Eigenwert zugebilligt. Darauf wies der Sozialethiker Prof. Dr. Gerhard Kruip aus Mainz hin. Die Gerechtigkeitsprobleme, die mit dem Klimawandel verbunden sind, ließen sich nicht einfach und nicht national lösen, sagte Kruip weiter. Es sei eine Riesenaufgabe, bei einer wachsenden Weltbevölkerung und der Bekämpfung der Armut in der Welt, die Umweltbelastungen drastisch zu reduzieren.
Global ist der Anteil der Landwirtschaft am Klimawandel mit sieben Prozent relativ gering. Die Landwirtschaft trage jedoch zu den Klimaveränderungen bei. Das räumte der Vizepräsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, Wilhelm Brüggemeier, ein: Ihre Verantwortung hätten die Bauern in ihrer „Offensiven Nachhaltigkeit“ anerkannt, sie seien veränderungswillig und bereits auf dem Weg, betonte er. Veränderung müsse jedoch faktenbasiert sein und sei nur schrittweise umsetzbar, wenn man Strukturbrüche vermeiden wolle. Landwirtschaft sei aber auch ein wichtiger Teil der Lösung. „Ohne die Landwirte geht es nicht, wir brauchen die Kooperation“, betonte auch Christoph Bals von Germanwatch.
Dass es keine einfachen Rezepte gibt, wurde schnell klar. Eine deutliche Verringerung des Fleischverbrauchs sei ein wichtiger Hebel, um den Klimawandel abzupuffern, erklärte Prof. Dr. Hermann Lotze Campen vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Als großen Erfolg wertete er, dass der Klimawandel in Politik und Öffentlichkeit angekommen sei.
Nicole Podlinsky (KLB Deutschland und Mitglied des ZdK) mahnte an: Landwirtschafts-, Umwelt-, Handels- und Sozialpolitik müssten aufeinander abgestimmt werden. Die Landwirtschaft werde eine ganz wichtige Säule des Transformationsprozesses sein. Die EU-Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der angekündigte European Grean Deal seien eine große Chance dafür.
Einigkeit bestand darin, dass die Landwirtschaft eine aktive Rolle beim Klimaschutz spielen muss. Das Wort „Gesellschaftsvertrag“ fiel häufig: Damit wird ein gesellschaftlicher Konsens angestrebt, der eine nachhaltige und zukunftsfähige landwirtschaftliche Erzeugung zum Ziel hat.
Bildunterschrift: Weihbischof Dr. Stefan Zekorn (rechts) nahm an einer Diskussion zum Thema „Landwirtschaft im Klimawandel“ teil.
Foto: Luise Richard