Zum 25. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China hat der chinesische Staatschef Xi Jinping ungeachtet der Unterdrückung der Demokratiebewegung die Entwicklung der Sonderverwaltungszone unter Pekings Aufsicht gelobt. Es habe sich eine "wahre Demokratie" in der ehemaligen britischen Kronkolonie entwickelt, sagte er am Freitag bei den Feierlichkeiten in der Finanzmetropole. Die USA und Großbritannien beklagten hingegen eine "Erosion" der Grundrechte in Hongkong und Verstöße gegen den Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme".
"Nach der Wiedervereinigung mit dem Mutterland wurden die Menschen in Hongkong die Herren ihrer eigenen Stadt", sagte Xi. "Die wahre Demokratie in Hongkong hat hier ihren Anfang genommen."
Bei der Rückgabe des international wichtigen Finanzplatzes am 30. Juni 1997 hatte die chinesische Führung zugestimmt, Hongkongs Autonomie und die dort herrschenden Freiheiten nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" noch 50 Jahre lang zu achten.
Xi versicherte, Peking werde an diesem Prinzip festhalten. Es handle sich um "so ein gutes System", dass es "überhaupt keinen Grund" gebe, es zu ändern, sagte der chinesische Präsident. An dem Grundsatz müsse auch "langfristig" festgehalten werden. Xi beteuerte in seiner Rede auch, alles was China im Umgang mit der früheren britischen Kronkolonie unternommen habe, sei "zum Wohle Hongkongs".
Die Regierung in Peking hat ihren Einfluss auf Hongkong über die Jahre Schritt für Schritt ausgeweitet. 2019 brachen Massenproteste aus. Sie dauerten monatelang und wurden brutal niedergeschlagen. 2020 zwang Peking dem Autonomiegebiet ein sogenanntes Sicherheitsgesetz auf, das die demokratischen Grundrechte wie Meinungs- oder Versammlungsfreiheit massiv einschränkt.
Das war auch am Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China zu beobachten. Jahrelang hatten sich am 1. Juli hunderttausende Hongkonger an einem Protestmarsch beteiligt, um ihrem Ärger über politische und soziale Missständen Ausdruck zu verleihen. Aber diese Kundgebung ist wie alle anderen regierungskritischen Protestaktionen in Hongkong seit mehr als zwei Jahren verboten.
Im Rahmen der Jubiläumsfeiern wurde am Freitag auch der neue Hongkonger Regierungschef John Lee ins Amt eingeführt, der bei der Unterdrückung der Massendemonstrationen der Demokratie-Bewegung 2019 eine zentrale Rolle gespielt hatte.
"Nach all den Stürmen haben alle schmerzlich gelernt, dass Hongkong nicht ins Chaos stürzen darf und dass sich Hongkong kein Chaos leisten kann", sagte Xi. "Es muss sich von allen Störungen befreien und sich auf die Entwicklung konzentrieren."
US-Außenminister Antony Blinken beklagte anlässlich des Jahrestags eine "Erosion der Autonomie" Hongkongs. Es sei jetzt klar, dass die Verantwortlichen in Hongkong und Peking "demokratische Partizipation, Grundfreiheiten und unabhängige Medien" nicht mehr als Bestandteil des Grundsatzes "Ein Land, zwei Systeme" ansehen würden.
Der britische Premierminister Boris Johnson versprach: "Wir geben Hongkong nicht auf." Auch er beklagte, China halte sich "seit einer Weile schon" nicht mehr an den Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme". Ähnlich äußerte sich Taiwans Regierungschef Su Tseng-chang, der einen Verlust von "Freiheit und Demokratie" in Hongkong kritisierte.
Die Rede des chinesischen Staatschefs am Freitag markierte den Höhepunkt der zweitägigen Feierlichkeiten in Hongkong. Sein Besuch fand angesichts der rigiden chinesischen Null-Covid-Strategie unter strengen Schutzmaßnahmen statt. Alle, die in die Nähe Xis kamen, mussten sich täglich PCR-Tests unterziehen und mehrere Tage in einem Quarantänehotel verbringen.
Teile Hongkongs wurden für die Feierlichkeiten abgeriegelt, die Berichterstattung wurde stark eingeschränkt. Mehrere Oppositionsgruppen in Hongkong erklärten, sie seien vor Protesten gewarnt worden. Mindestens neun Menschen wurden im Vorfeld des Jahrestags festgenommen.
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