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Ramelow alter und neuer Ministerpräsidenten - Neuwahl in 2021

Noch vor der Abstimmung unterzeichnete die CDU einen "Stabilitätspakt" mit Linken, SPD und Grünen, der bis zu den Neuwahlen im April 2021 die Umsetzung wichtiger Projekte wie den Landeshaushalt sichern soll.


Die Regierungskrise in Thüringen ist vorerst beendet: Der Linkspolitiker Bodo Ramelow wurde am Mittwoch zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt. Im dritten Wahlgang erhielt der 64-Jährige im Erfurter Landtag 42 Ja-Stimmen. 23 Abgeordnete stimmten mit Nein, 20 enthielten sich. Noch vor der Abstimmung  unterzeichnete die CDU einen "Stabilitätspakt" mit Linken, SPD und Grünen, der bis zu den Neuwahlen im April 2021 die Umsetzung wichtiger Projekte wie den Landeshaushalt sichern soll.

In den ersten beiden Wahlgängen, bei denen auch der AfD-Fraktionschef Björn Höcke antrat, verfehlte Ramelow die nötige absolute Mehrheit. Seine rot-rot-grüne Minderheitskoalition hat nur 42 Stimmen, ihr fehlen damit vier Stimmen zur Mehrheit. Im dritten Wahlgang reichte Ramelow dann die einfache Stimmenmehrheit. Höcke hatte zuvor auf einen weiteren Wahlgang verzichtet. 

Die 21-köpfige CDU-Fraktion enthielt sich weitgehend. Nur im dritten Wahlgang stimmte vermutlich einer der CDU-Abgeordneten mit Nein, ebenso die AfD. Die vier im Plenarsaal anwesenden FDP-Abgeordneten boykottierten die Wahl und stimmten nicht mit ab.

Nach der Wahl wurde Ramelow vereidigt. Auch seine Minister wurden benannt und vereidigt. Bei der Gratulationsrunde verweigerte Ramelow Höcke den Handschlag. In seiner Antrittsrede warf er der AfD vor, die Demokratie mit Füßen zu treten. Hintergrund ist das Wahldebakel vor vier Wochen, bei der der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, Liberalen und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. AfD-Abgeordnete erklärten anschließend, man habe Kemmerich eine Falle gestellt.

"Wer so über die Wahl eines Verfassungsorgans spricht, der hat etwas zu klären", sagte Ramelow und fügte hinzu: "Wir werden uns nicht mehr treiben lassen von einer Fraktion, die Fallen baut." 

Ramelow dankte ausdrücklich der CDU-Fraktion, die mitten in der Regierungskrise mit Rot-Rot-Grün einen Stabilitätspakt geschlossen hatte. Dieser sieht Neuwahlen im April 2021 vor. Zudem sollen gemeinsam wichtige Projekte wie der Landeshaushalt sowie Investitionen für Kommunen und den ländlichen Raum umgesetzt werden. Die CDU sei "in einer schwierigen Situation" und über alle eigenen Auseinandersetzungen mit der Bundespartei hinweg bereit gewesen, für Stabilität zu sorgen und Neuwahlen vorzubereiten, sagte Ramelow.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt betonte, mit ihrer Enthaltung seien die Christdemokraten ihren politischen Grundsätzen treu geblieben. Er kündigte eine "konstruktive Opposition" an. Mit Rot-Rot-Grün seien "parlamentarische Verfahren für eine absolute Ausnahmesituation und einen eng begrenzten Zeitraum abgesprochen" worden. 

Die Werteunion, ein Zusammenschluss ultrakonservativer CDU-Mitglieder, nannte die Ramelow-Wahl "unverzeihlich" und einen "Tiefschlag für die politische Kultur Deutschlands". Dass die Thüringer CDU-Fraktion durch ihre Enthaltung Ramelow offenbar zum Sieg verholfen habe, "schlägt dem Fass völlig den Boden aus", kritisierte Bundesvize Ingo Gondro.

Höcke sagte nach der Wahl, dies sei "kein guter Tag" für Thüringen und die CDU. Er prophezeite der CDU den "Gang in die Bedeutungslosigkeit". 

Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck begrüßten, dass es nun wieder eine handlungsfähige Regierung in Thüringen gebe. "Nach dem Desaster bei der letzten Wahl muss der Weg in Thüringen nun Richtung Stabilität und geordnete Verhältnisse weisen."

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg hob hervor, dass der Wahltag diesmal "ohne antidemokratische Täuschungsmanöver" abgelaufen sei.

Ramelow hat bereits fünf Jahre lang mit einer rot-rot-grünen Koalition in Thüringen regiert. Er ist zudem der erste linke Ministerpräsident Deutschlands. Bei der Landtagswahl im Oktober verlor das Bündnis jedoch seine Mehrheit, weshalb sich die Regierungsbildung sehr schwierig gestaltete. Sowohl CDU als auch FDP lehnten eine Tolerierung ab, zeigten sich aber offen für eine projektbezogene Zusammenarbeit. Die Neuwahlen sind für den 25. April 2021 geplant.

hex/cha

© Agence France-Presse