DIE KLEINSTE GRÖSSTE: 35 Jahre alt ist die Jamaikanerin Shelly-Ann Fraser-Pryce, 1,52 m klein und seit fünf Jahren Mutter eines Sohnes. In Eugene wurde die "Pocket Rocket" zum fünften Mal zur schnellsten Frau der Welt. In 10,67 Sekunden über 100 m, WM-Rekord. Fünf Titel in einer Einzel-Disziplin hatte nie zuvor eine Leichtathletin erreicht. So etwas nennt man wohl Phänomen. Dass Jamaikas Sprinterinnen wie die US-Männer am Samstag über 100 m Gold, Silber und Bronze holten, war da fast eine Nebennotiz.
DIE GRÖSSTEN GROSSEN: Eine gewaltige Show zogen auch die US-Kugelstoßer ab. Olympiasieger Ryan Crouser siegte vor Titelverteidiger Joe Kovacs, Dritter wurde Josh Awotunde. Für den coolen Crouser, der im vorletzten Versuch mit 22,94 m die zwei Minuten vorher von Kovacs erzielten 22,89 konterte, war es der erste WM-Titel. Der 29 Jahre alte Riese - 2,01 m groß und 145 kg schwer - stammt aus Oregon, aus einer Stadt namens Boring. Langweilig ist an Crouser aber gar nichts.
UND RAUS: Ganz skurril wurde das Finale über 110 m Hürden. Binnen weniger Minuten verabschiedeten sich drei der besten acht von Eugene: Zuerst verletzte sich Jamaikas Olympiasieger Hansle Parchment, dann wurden Shane Brathwaite und vor allem US-Liebling Devon Allen wegen Fehlstarts disqualifiziert. Während dessen Landsmann Grant Holloway in 13,03 Sekunden wie 2019 zum WM-Titel stürmte, gab sich Allen trotzig: Er wolle dann jetzt erstmal den Super Bowl gewinnen. Könnte er auch - er steht beim Football-Team der Philadelphia Eagles unter Vertrag.
UND DIE DEUTSCHEN? Für Gina Lückenkemper war wie 2017 im Halbfinale über 100 m Schluss. "11,08 ist nicht das, was ich mir vorgenommen habe für hier, ich wollte definitiv mehr", sagte die 25-Jährige. Doch auch sie hatte mit einer Disqualifikation in ihrem Rennen zu kämpfen - jener für Tynia Gaither (Bahamas), wonach das Publikum mitten in die folgende Konzentrationsphase der Läuferinnen buhte. Erfreulich als deutscher Sicht: Platz zehn im Stabfinale für Jacqueline Otchere und ein mutiger Auftritt von Siebenkämpferin Sophie Weißenberg (Platz neun nach dem ersten Tag). Enttäuschend hingegen: Für alle drei deutschen Diskuswerfer war in der Quali Schluss.
25 RUNDEN HÖLLENLÄRM: Der große Schlagtausch der ostafrikanischen Lauf-Mächte Kenia, Äthiopien und Uganda über 10.000 m war ein lautstarker Höhepunkt. Wie 2019 gewann Weltrekordler Joshua Cheptegei aus Uganda (27:27,43). Stanley Mburu verpasste Kenias ersten WM-Titel über die 25 Stadionrunden seit 2001 um 47 Hundertstel, Äthiopien ging gar ganz leer aus - hatte sich aber zuvor am Sonntagmorgen schon den Marathon-Doppelsieg durch Tamirat Tola und Mosinet Geremew gesichert.
LOWLIGHT NACH DEM HIGHLIGHT: Am Samstag war der US-Dreifachtriumph von Fred Kerley und Co. ein Höhepunkt, einen Tag später ging die Siegerehrung fast unter. Das ohnehin bei der WM nur rund 15.000 Zuschauer fassende Stadion war kaum zu einem Viertel gefüllt, als vor dem späten Wettkampfblock die Nationalhymne ertönte.
PUBLIKUMSLIEBLING: Der heimliche Star der WM ist zwei Meter groß, am ganzen Körper gelb behaart und reichlich respektlos. Die US-Amerikaner lieben ihre Sport-Maskottchen, und sie können ihnen kaum skurril genug sein. "Legend the Bigfoot", ein ausgewachsener Waldbewohner, passt wunderbar in diese Rolle. Ob zünftige Pöbeleien in Richtung der Zuschauer oder ein Seemannsköpper in den Wassergraben - Legend ist eine Rampensau. Und verkauft sich im Kleinformat an den Souvenirständen blendend - für schlanke 35 Dollar.
WAS NOCH ZU SAGEN WÄRE: "In München werden die Karten neu gemischt, da wird wieder neu angegriffen." (Gina Lückenkemper im Hinblick auf die EM im kommenden Monat)
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