Das Deutsche Institut für Menschenrechte:
"Die jüngsten Entwicklungen in Griechenland und an
der griechisch-türkischen Grenze waren weder unvorhersehbar, noch
rechtfertigen sie eine Aushebelung fundamentaler Flüchtlings- und
Menschenrechte. Menschen, die ihre Heimat wegen Verfolgung, Krieg und
schweren Menschenrechtsverletzungen verlassen haben und auch in der
Türkei keinen ausreichenden Schutz erfahren, haben das völkerrechtlich
verbriefte Recht, Zugang zu einem individuellen Asylverfahren zu
erhalten.
Die Menschenrechte der Schutzsuchenden an der EU-Außengrenze
müssen gewahrt werden. Eine komplette Abriegelung der Grenzübergänge,
wie sie Griechenland derzeit vollzieht, ist mit dem flüchtlings- und
menschenrechtlichen Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement)
nicht vereinbar. Der tatsächliche Zugang zu einem individuellen
Asylverfahren muss gewährleistet sein.
Es ist dringend geboten, dass die anderen EU-Mitgliedstaaten
Griechenland bei der Aufnahme der Geflüchteten unterstützen. Daher ist
es zu begrüßen, dass die deutsche Regierung beschlossen hat, Kinder von
den griechischen Inseln aufzunehmen, nachdem bereits über 130 Städte in
Deutschland sich als ‚sichere Häfen‘ deklariert und ihre
Aufnahmebereitschaft gezeigt haben. Es geht an den europäischen Außengrenzen jedoch nicht nur um Zeichen der Humanität und Solidarität, sondern um die Einhaltung des Rechts.
Mit teils kriegerischer Rhetorik wird in Deutschland und auf EU-Ebene
allein die Sicherung der europäischen Außengrenzen als Ziel ausgerufen –
wie es scheint, um fast jeden Preis. Der Schutz von Menschen spielt
hingegen keine Rolle. Doch ein gewaltsames Vorgehen gegen unbewaffnete
schutzsuchende Menschen, das deren Leben und Gesundheit gefährdet, kann
nicht mit dem Verweis auf die Notwendigkeit effektiven Grenzschutzes
gerechtfertigt werden. Es negiert die Menschenrechte der Flüchtenden und
befeuert Rassismus."
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat in einem Factsheet die Situation an der griechisch-türkischen Grenze menschen- und flüchtlingsrechtlich bewertet.
Seit Ende Februar erreichen wieder tausende Menschen die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland - die Vereinten Nationen gehen aktuell von mindestens 13.000 aus. Nach Medienberichten verhindern griechische Grenzsoldaten, zum Teil unter Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Blendgranaten, dass Menschen die türkisch-griechische Grenze überqueren. Das aktuelle Vorgehen Griechenlands an der Grenze zur Türkei ist nicht vereinbar mit völker- und menschenrechtlichen Grundsätzen, zu deren Einhaltung sich Griechenland verpflichtet hat.
Titelbild: Es geht an den europäischen Außengrenzen nicht nur um Zeichen der Humanität und Solidarität, sondern um die Einhaltung des Rechts. © Hieronymus Ukkel