Der Internetriese muss zahlen: Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg hat eine 2018 gegen Google verhängte Rekord-Geldbuße weitgehend bestätigt. Die von der EU-Kommission wegen illegaler Praktiken beim Android-Betriebssystem verhängte Strafe wird nur leicht auf 4,125 Milliarden Euro reduziert. Google reagierte enttäuscht auf die Entscheidung, deutsche Verleger begrüßten dagegen das "historische" Urteil. (Az. T-604/18)
Google habe den Herstellern von Android-Handys und den Betreibern von Mobilfunknetzen rechtswidrige Beschränkungen auferlegt, um die beherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu stärken, erklärte das Gericht am Mittwoch.
Die EU-Kommission hatte gegen das Unternehmen seit 2017 bereits drei Geldbußen verhängt, die sich auf acht Milliarden Euro summierten. Im aktuellen Fall zogen Google und der Mutterkonzern Alphabet vor Gericht, um den Beschluss für nichtig erklären zu lassen. Damit scheiterten sie nun größtenteils. Die beanstandeten Praktiken hatte Google bereits zuvor geändert.
- Erstens mussten bestimmte Apps wie der
Google-eigene Browser Chrome und die Google-Suche auf allen
Android-Geräten vorinstalliert werden, wenn Googles App-Store Play
genutzt werden sollte.
- Zweitens bekamen die Hersteller Lizenzen für den
Play Store nur, wenn sie ausschließlich mit Android ausgestattete
Smartphones verkauften.
- Und drittens gab Google nur dann einen Teil der Werbeeinnahmen weiter, wenn Handyhersteller und Netzbetreiber sich verpflichteten, auf einem bestimmten Sortiment keine Suchmaschine der Konkurrenz vorzuinstallieren.
Dass diese sortimentbezogene Vereinbarung als solche einen Missbrauch darstelle, erklärte das Gericht für nichtig. Angesichts der "Verdrängungswirkungen" der sonstigen Praktiken habe die Kommission dennoch zu Recht eine Zuwiderhandlung festgestellt. In allen anderen Punkten bestätigte es den Kommissionsbeschluss.
Google zeigte sich in einer ersten Reaktion "enttäuscht, dass das Gericht den Beschluss nicht in seiner Gesamtheit aufgehoben hat". Android habe mehr Auswahl für alle geschaffen und unterstütze tausende Unternehmen in Europa und der ganzen Welt, teilte der US-Internetgigant mit.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV Wikipedia)und der Medienverband der freien Presse (MVFP) sprachen dagegen von einer Gerichtsentscheidung von "historischen Dimensionen". Die Presse sei darauf angewiesen, "dass Verbraucher und Verbraucherinnen über ihre Endgeräte Zugriff auf Presseinhalte zu diskriminierungsfreien und fairen Bedingungen erhalten".
Gegen die EuG-Entscheidung kann Google noch vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen. Das tat das Unternehmen beispielsweise im Januar, als es ein EuG-Urteil anfocht, mit der eine Kartellstrafe von 2,4 Milliarden Euro bestätigt worden war. Dabei geht es um Preisvergleichsportale und deren Platzierung bei einer Suche im Internet. Der EuGH hat in dem Fall noch nicht entschieden.
Google geht außerdem gegen eine weitere Geldstraße in Höhe von 1,49 Milliarden Euro vor dem EuG vor. Diese wurde von der Kommission 2019 verhängt, weil der Konzern seine marktbeherrschende Stellung bei Online-Werbung missbraucht und Konkurrenten behindert haben soll.
Am Mittwoch wurde außerdem bekannt, dass Südkorea gegen Google und den Facebook-Mutterkonzern Meta eine Geldbuße von umgerechnet mehr als 71 Millionen Dollar verhängt hat. Sie hätten ohne Zustimmung Nutzerdaten gesammelt, um maßgeschneiderte Werbung zu schalten, teilten die dortigen Behörden mit. Die Strafe für Google allein beträgt demnach fast 50 Millionen Dollar - die höchste Geldbuße, die für einen Verstoß gegen das südkoreanische Datenschutzgesetz bislang verhängt wurde.
smb/pe
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