"Das ist nur eine der Massengrabstätten, die in der Nähe von Isjum (Wikipedia) gefunden wurden", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Freitag. In den russisch besetzten Gebieten habe es monatelang "Terror, Gewalt, Folter und Massenmorde" gegeben. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP vor Ort berichteten am Freitag von hunderten Gräbern in einem Wald nahe Isjum.
Am Donnerstagabend hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von der Entdeckung eines "Massengrabs" in Isjum gesprochen, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen. Der Regionalpolizeichef sagte dem Fernsehsender Sky News, es handle sich um eine Grabstätte mit etwa 440 Leichen. Einige der Verstorbenen seien durch Schüsse getötet worden, andere seien während Bombardierungen gestorben.
Der Chef der ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, warf den russischen Truppen am Donnerstag Mord vor. Alle gefundenen Leichen würden exhumiert und gerichtsmedizinisch untersucht, kündigte Jermak an.
AFP-Journalisten sahen hunderte Gräber in einem Wald bei Isjum, die mit Kreuzen und Nummern gekennzeichnet waren. Bislang seien 443 Gräber entdeckt worden, sagte Oleg Kotenko, der ukrainische Regierungsbeauftragte für die Vermisstensuche. "Wir schätzen die Gesamtzahl der Toten anhand der Nummern (der Gräber)." In einigen Gräbern könnten jedoch "auch zwei oder drei Menschen" liegen.
Die Gräber seien während der Gefechte rund um die Einnahme der Stadt durch Russland im März und während der russischen Besatzung ausgehoben worden, fügte er hinzu. Gräber, die nicht namentlich gekennzeichnet seien, seien von Menschen, die "auf der Straße" gefunden wurden. "Viele Menschen sind an Hunger gestorben", sagte Kotenko. "Dieser Teil der Stadt war abgeschnitten, es gab keine Versorgungsmöglichkeiten. Die Menschen waren eingeschlossen, nichts funktionierte."
Vertreter der ukrainischen Behörden untersuchten vor Ort unter anderem ein Grab, auf dessen Kreuz "Ukrainische Armee, 17 Personen, Leichenhalle von Isjum" stand, wie AFP-Reporter weiter berichteten. Mehrere Minenräumungs-Teams suchten die Umgebung nach Sprengsätzen ab. Den russischen Streitkräften wird seit Monaten vorgeworfen, in den besetzten Gebieten in der Ukraine zahlreiche Gräueltaten an Zivilisten begangen zu haben.
Die UNO (Wikipedia) kündigte die Entsendung eines Teams nach Isjum zur Prüfung der ukrainischen Vorwürfe an. "Unsere Kollegen in der Ukraine gehen diesen Anschuldigungen nach und versuchen, einen Besuch in Isjum zu organisieren, um die Todesumstände dieser Menschen zu klären", sagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR), Elizabeth Throssell. Das UN-Team werde unter anderem untersuchen, ob es sich bei den Toten um Zivilisten oder Soldaten handele.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) (Wikipedia) forderte ebenfalls Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine. "Aus Isjum erreichen uns entsetzliche Nachrichten. Offenbar wurde ein Massengrab gefunden, hunderte Zivilisten wurden gefoltert und ermordet", erklärte Buschmann am Freitag im Onlinedienst Twitter. "Diese Kriegsverbrechen dürfen und werden nicht ungesühnt bleiben."
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