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Regierung korrigiert Wachstumsprognosen merklich nach unten

Die Bundesregierung hat ihre Wirtschaftswachstumsprognosen merklich nach unten korrigiert und rechnet nun mit einer anhaltend hohen Inflation.

Die Bundesregierung hat ihre Wirtschaftswachstumsprognosen merklich nach unten korrigiert und rechnet nun mit einer anhaltend hohen Inflation. "Diese Krise droht sich zu einer Wirtschafts- und, im Verbund, Sozialkrise auszuwachsen", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch in Berlin. Den Kurs der Regierung verteidigte jedoch. Oppositionspolitiker warfen Habeck vor, die wirtschaftliche Lage "geschönt" darzustellen und forderten Reaktivierung und Weiterbetrieb von Kohle- und Atomkraftwerken.

"In Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine" werde das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr nur noch 1,4 Prozent betragen, erklärte das Wirtschaftsministerium in seiner Herbstprojektion. Im kommenden Jahr ist demnach ein Abschwung um 0,4 Prozent zu erwarten. Im Frühjahr war noch von 2,2 Prozent Wachstum in diesem und 2,5 Prozent im kommenden Jahr ausgegangen worden. "Zentraler Grund für die Abwärtskorrektur gegenüber der Frühjahrsprojektion ist der Stopp russischer Gaslieferungen", erklärte das Ministerium.

Die Energiekrise bremst demnach merklich die Industrieproduktion und dämpft den privaten Konsum. Zugleich dürften die Verbraucherpreise "auf einem hohen Niveau" bleiben - in der Herbstprojektion wird von einer Inflationsrate von acht Prozent in diesem und sieben Prozent im Jahr 2023 ausgegangen. "Ohne den preisdämpfenden Effekt der Gaspreisbremse würde die Inflationsrate vor allem im Jahr 2023 nochmals deutlich höher ausfallen", fügte das Ministerium hinzu.

Habeck sieht diese Zahlen dennoch als Bestätigung für die Wirksamkeit der bisherigen Krisenpolitik. Die Bundesregierung habe sich bislang "erfolgreich" gegen die Destabilisierungsversuche der russischen Regierung gewehrt, sagte er und verwies insbesondere auf Einschätzungen von Expert*innen aus dem Frühjahr, die für den Fall eines kompletten Wegfalls der russischen Gaslieferungen einen Wirtschaftsabschwung zwischen drei und neun Prozent vorhergesagt hätten.

Die aktuellen Zahlen "sind schlecht", sagte Habeck. Aber es hätte noch viel schlechter ausfallen können. Die Zahlen zeigten also auch, "dass die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, (...) gewirkt haben." Russlands Präsident Wladimir Putin habe es mit der Einstellung der Energielieferungen auf eine wirtschaftliche Destabilisierung seiner Gegner abgesehen, führte Habeck aus. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Putin mit diesem Versuch (...) scheitern wird, so wie er auf dem Schlachtfeld in der Ukraine dabei ist, zu scheitern."

"Die Zahlen machen deutlich, dass jetzt Handlungsbedarf besteht. Wir laufen Gefahr, international den Anschluss zu verlieren", warnte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner (CDU). Im Gespräch mit der Düsseldorfer "Rheinischen Post" forderte sie: "die Kernkraftwerke länger laufen lassen, mehr Kohlekraftwerke an den Markt bringen und mehr LNG beschaffen".

Der AfD-Abgeordnete Leif-Erik Holm kritisierte die "vorschnelle und unüberlegte Sanktionspolitik" der Bundesregierung und das "sture Festhalten an zu hohen Steuern und Abgaben auf Gas, Öl, Sprit und Strom". Auch er sprach sich vor allem dafür aus, verfügbare Kohle- und Atomkraftwerke ans Netz zu bringen.

Die Herbstprojektion zeige, dass "kein Industrieland härter vom weltweiten Wirtschaftsabschwung getroffen" werde als Deutschland, erklärte der CSU-Wirtschaftspolitiker Hansjörg Durz. Habeck stell die Lage allerdings "geschönt dar", da er bereits die vorgeschlagenen Maßnahmen der Expertenkommission für eine Gaspreisbremse einberechne. Die Ausgestaltung der Gaspreisbremse sei jedoch weiterhin unklar.


pe/hcy


© Agence France-Presse