Die Übung umfasste nach Kreml-Angaben den Abschuss von ballistischen Raketen und von Marschflugkörpern. In russischen Staatsmedien waren Aufnahmen einer U-Boot-Besatzung zu sehen, die den Abschuss einer ballistischen Rakete vom Typ Sinewa aus der Barentssee vorbereitete.
Putin verfolgte die Militärübungen von einem Kontrollraum aus. An der Übung waren auch Langstreckenbomber vom Typ Tu-95 beteiligt. Die Aufgaben der Übung zur strategischen Abschreckung seien "vollständig erfüllt" worden, hieß es in der Kreml-Mitteilung. "Alle Raketen haben ihr Ziel erreicht."
Aufgabe der russischen "strategischen" Streitkräfte ist im weitesten Sinne die Reaktion auf Bedrohungen von außen, unter anderem im Falle eines Atomkriegs. Sie sind mit Interkontinentalraketen, strategischen Langstreckenbombern, U-Booten, Schiffen und Marineflugzeugen ausgerüstet.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu erneuerte am Mittwoch im Gespräch mit seinem chinesischen Kollegen Wei Fenghe seine Anschuldigungen, die Ukraine bereite den Einsatz einer "schmutzigen Bombe" vor. Am Sonntag hatte er dies bereits in Telefonaten mit Verteidigungsministern aus mehreren Nato-Staaten dargelegt. Die gleichen "Bedenken" habe Schoigu auch in einem Telefonat mit dem indischen Verteidigungsminister Rajnath Singh geäußert, hieß es in einer Mitteilung aus Moskau am Mittwoch.
Bei einer "schmutzigen Bombe" handelt es sich um einen konventionellen Sprengkörper, der bei seiner Explosion radioaktives, biologisches oder chemisches Material in der Umgebung verteilt. Die Ukraine hat die Vorwürfe als "absurd" und "gefährlich" zurückgewiesen und erklärt, Russland könnte seinerseits den Einsatz einer derartigen Waffe planen.
Russland verfüge über Informationen über die "bestehende Gefahr" eines ukrainischen Einsatzes einer "schmutzigen Bombe", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch vor Journalisten. Kiew bereite "einen solchen terroristischen Sabotageakt" vor.
"Wir werden der Weltgemeinschaft unseren Standpunkt weiterhin mit Nachdruck vortragen, um sie zu ermutigen, aktive Schritte zur Verhinderung eines solchen unverantwortlichen Verhaltens zu ergreifen", fügte Peskow hinzu.
Russlands nukleare Rhetorik hatte im September an Schärfe zugenommen, als Moskau die Annexion von vier teilweise russisch kontrollierten Regionen in der Ukraine verkündete. Putin warnte damals, Moskau könnte die Regionen auch unter dem Einsatz von Atomwaffen verteidigen.
Eine der annektierten Regionen war das südukrainische Cherson, wo ukrainische Truppen seit Beginn einer Gegenoffensive Ende Sommer mehrere Gebiete zurückerobert haben. Die pro-russische Verwaltung von Cherson hatte die Bewohner in den vergangenen Tagen wegen eines angeblich drohenden ukrainischen Angriffs zum Verlassen der Region aufgerufen und angekündigt, die Regionalhauptstadt in eine "Festung" zu verwandeln.
Binnen einer Woche hätten mindestens 70.000 Menschen ihre Häuser verlassen, sagte der pro-russische Verwaltungschef der Region, Wladimir Saldo, am Mittwoch. Mit der Rückeroberung der Region Cherson würde die Ukraine einen wichtigen Zugang zum Asowschen Meer zurückgewinnen. Zudem würde die Landbrücke unterbrochen, die Russland mit der 2014 von Moskau annektierten Halbinsel-Krim verbindet.
Die russische Offensive in der Ukraine hat eine Welle internationaler Solidarität mit Kiew ausgelöst. So meldeten sich unter anderem hunderte ausländische Freiwillige, um Kiew bei der Abwehr russischer Angriffe zu helfen. Wie Kiew am Mittwoch mitteilte, wurden die sterblichen Überreste eines dieser Freiwilligen, des im August getöteten US-Bürgers Joshua Alan Jones, nun zusammen mit zehn ukrainischen Soldaten bei einem Gefangenenaustausch mit Russland zurückgegeben.
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