Vor der China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der kommenden Woche fordern Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition eine klare Positionierung des Regierungschefs in Bezug auf die Volksrepublik. Scholz müsse bei dem Besuch "ganz deutlich machen, wo die Grenzen bei Geschäften mit einer Demokratie sind", sagte die Juso-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal (Wikipedia) der "Rheinischen Post" vom Freitag.
"Es kann nicht sein, dass China glaubt, mit Druck seinen Einfluss derart ausbauen zu können, ohne auch deutschen oder europäischen Unternehmen solche Investitionen in chinesische Infrastruktur zu gewähren", führt Rosenthal aus. "Da muss man es als Bundesregierung auch mal aushalten, wenn man den Diktator Xi Jinping vor den Kopf stößt. Denn gibt man dem Druck nach, vertieft sich die Abhängigkeit nur immer mehr."
Im Umgang mit China dürfe Deutschland "nicht die gleichen Fehler wiederholen, die wir mit Russland gemacht haben", warnte die Sozialdemokratin. "Das muss jetzt hohe Priorität bei uns allen haben. Insbesondere kritische Infrastruktur gehört schlichtweg nicht in private, sondern allein in öffentliche Hand."
Das Bundeskabinett (Wikipedia) hatte trotz breiter politischer Bedenken am Mittwoch grünes Licht für einen Einstieg der staatlichen chinesische Reederei Cosco (Wikipedia) beim Hamburger Hafen gegeben. Auf Druck mehrerer Ministerien, allen voran des Bundeswirtschaftsministeriums von Robert Habeck (Grüne), wurde dem Staatskonzern allerdings nur eine Beteiligung von weniger als 25 Prozent erlaubt.
Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Ulrich Lechte (Wikipedia), forderte mit Blick auf die Cosco-Entscheidung, Scholz müsse bei seinem Antrittsbesuch in Peking eine "deutlich härtere Gangart gegenüber China" einschlagen. Dass Scholz trotz Warnungen dem Verkauf der Anteile zugestimmt habe, sei nicht nachvollziehbar, sagte Lechte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). "Sich von einem autoritären System ohne Not abhängig zu machen, finde ich fahrlässig und kurzsichtig."
Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sagte den RND-Zeitungen, es bringe Scholz in Peking vielleicht ein paar Punkte, dass er einem "offenen chinesischen Erpressungsversuch in Sachen Cosco" nachgegeben habe. Es schade aber Deutschlands Ansehen bei anderen Verbündeten.
Aus der Union kam grundsätzliche Kritik an der China-Reise. "Der Bundeskanzler tut so, als habe sich in China unter Xi Jinping nichts geändert, und reist wie eh und je mit einer riesigen Wirtschaftsdelegation nach China", sagte CDU-Außenexperte Norbert Röttgen den RND-Zeitungen. "Das ist das falsche Signal nach innen und außen."
cne/ilo © Agence France-Presse