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Europa mit voller Wucht getroffen

Die Regierung in Paris ging am weitesten: Sie erklärte am Samstag einen 14-tägigen Notstand und stellte das Land fast vollständig unter Quarantäne.

Die Coronavirus-Pandemie trifft Europa mit voller Wucht: Das öffentliche Leben kam am Wochenende in immer mehr Ländern zum Erliegen. Nach Spanien ordnete auch Österreich "Ausgangssperren" für das ganze Land an. Frankreich kündigte die schrittweise Reduzierung des Langstreckenverkehrs mit Zügen, Autos und Flugzeugen an. Die Einschränkungen werden teils rigide durchgesetzt, in Österreich drohen hohe Geldstrafen bei Missachtung. 

Die Regierung in Paris ging am weitesten: Sie erklärte am Samstag einen 14-tägigen Notstand und stellte das Land fast vollständig unter Quarantäne. Bürger dürfen das Haus nur noch verlassen, um zur Arbeit zu gehen oder um lebensnotwendige Besorgungen zu machen, wie Regierungschef Pedro Sánchez, dessen Frau Begoña Gómez positiv auf das Virus getestet wurde, bekanntgab. Alle nicht notwendigen Geschäfte sowie Vergnügungsstätten werden geschlossen. Die Schließung der Schulen war bereits angeordnet.

 

In Spanien stieg die Zahl der Todesopfer sprunghaft an: Binnen 24 Stunden erhöhte sie sich um rund 100 auf 288, wie die Behörden am Sonntagmittag mitteilten. Landesweit gab es damit mehr als 7750 Infektionsfälle. Nach Italien sind Spanien, Frankreich und Deutschland in Europa am stärksten betroffen.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz erklärte, es gebe nur drei Gründe, das Haus zu verlassen: nicht aufschiebbare Arbeit für den Beruf, der Einkauf von Lebensmitteln sowie die Notwendigkeit, anderen Menschen zu helfen. Spaziergänge sind laut dem vom Nationalrat beschlossenen Gesetzespaket nur allein gestattet oder mit Menschen, die im selben Haushalt leben. 

Veranstaltungen sind künftig komplett untersagt, Gruppen von mehr als fünf Menschen nicht gestattet. Sportplätze, Spielplätze und "andere öffentliche Plätze der Begegnung" werden geschlossen. Bei Missachtung von Platzverboten drohen Geldstrafen von bis zu 3600 Euro.

In Frankreich bleiben alle Restaurants, Bars, Cafés, Diskotheken und Kinos geschlossen. Auch die meisten Geschäfte wurden dicht gemacht, Ausnahmen gibt es für Lebensmittelläden, Apotheken, Banken, Tankstellen und Kioske. 

Ab Montag sind alle Schulen, Universitäten und Kindertagesstätten zu. In den kommenden Tagen soll der Langstreckenverkehr mit Bahn, Bus und Auto "schrittweise verringert" werden, wie Umweltministerin Elisabeth Borne ankündigte.

Als eines der letzten europäischen Länder beendete Frankreich den Skibetrieb. Premierminister Edouard Philippe rief die Franzosen zu "mehr Disziplin" angesichts der Ansteckungsgefahr auf. Die Kommunalwahl am Sonntag fand trotz der Krise statt.

Nach Angaben der Johns Hopkins Universität in den USA wurden weltweit mehr als 156.000 Infektionsfälle und mehr als 5800 Todesfälle gezählt. In Deutschland stieg die Zahl der Toten am Sonntag auf zehn, die der bekannten Infektionen lag laut der Johns Hopkins Universität am Sonntagmittag bei 4585 Fällen. Italien zählte mehr als 21.000 Infektionen und mehr als 1400 Todesfälle. 

Drastische Maßnahmen ergriff auch Berlin. Mit sofortiger Wirkung verbot die Stadt am Samstag alle Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern. Clubs, Kneipen, Sport- und Kulturstätten wurden geschlossen. Ausnahmen gibt es für Restaurants, wenn ein Abstand von 1,50 Metern zwischen den Tischen eingehalten wird. Besuche bei Angehörigen in Kliniken und Pflegeheimen wurden deutlich eingeschränkt. Schulen und Kitas werden ohnehin - wie auch in anderen Bundesländern - ab nächster Woche geschlossen.

Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock kündigte an, dass die Regierung in London am Dienstag Notstandsgesetze erlassen werde, darunter wohl ein Verbot von Massenversammlungen. Gegenüber "Sky News" bestätigte der Minister Presseberichte, wonach die Regierung plant, über 70-Jährige für bis zu vier Monate zu isolieren.

Mehr und mehr Länder in Europa schlossen zudem ihre Grenzen oder stellten den Flugverkehr ein. Deutschland verschärfte die Kontrollen an der französischen Grenze. Dänemark und Polen schlossen ihre Grenzen. Tschechien verhängte einen ab Montag geltenden kompletten Reisebann. Österreich stellte den Bahnverkehr nach Italien ein und schloss seine Grenzen zum Nachbarland fast vollständig. Mit Heiligenblut in Kärnten wurde am Samstag ein dritter Ort unter Quarantäne gestellt. 

ck/ju

Mariëtte Le Roux / © Agence France-Presse