Christian Rudolph von der Anlaufstelle für sexuelle Vielfalt des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für ihren Besuch im WM-Gastgeberland Katar kritisiert. "Wenn jetzt gesagt wird, dass die WM bedenkenlos für queere Menschen sei, ist das ein fatales Zeichen für die queere Community in Katar", sagte Rudolph der Frankfurter Rundschau und fragte: "Welches Katar hat denn Nancy Faeser bitte gesehen? Dann kann sie sich auch gleich durch Nordkorea führen lassen."
Faeser hatte auf der gemeinsamen Reise ins Emirat mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf von der katarischen Regierung die Garantie bekommen, dass alle Fans bei dieser WM sicher durch Katar reisen können. Also auch Angehörige der LGBTIQ-Community, obwohl Homosexualität im Emirat unter Strafe steht.
Rudolph kritisierte, man habe in den Gesprächsrunden hinterlegt, dass der Dialog so kurz vor dem Turnier lediglich der "Legitimation" diene. Die Gespräche müssten zwingend nach der WM geführt werden müssten, um "genau draufzuschauen, was sich wirklich verändert hat".
Über Stimmen, nach denen ein Fortschritt im Gastgeberland zu erkennen und die Bitte um Geduld bei den Reformen gerechtfertigt sei, zeigte sich der Berliner entsetzt: "Es geht um die Menschenrechte, die haben verdammt noch mal überall zu gelten." Der logische Schritt bei der Vergabe "eines der wichtigsten Sportereignisse" müsse sein, "dass ein Land zuerst solche Fortschritte auf den Weg bringt und sich dann bewirbt".
Immerhin habe er das Gefühl, dass die kritischen Äußerungen wahrgenommen werden. Daraus müsse sich eine Haltung entwickeln, fordert Rudolph und hofft auf einen "ehrlichen Umgang" mit dieser WM: "Wir dürfen nicht wegschauen. Das sind wir den Menschen, die in Katar unter Angst leben, einfach schuldig."
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