Kritiker*innen der Fußball-WM in Katar sind einem Medienbericht zufolge von einer Hackergruppe ausspioniert worden. Unter den Betroffenen seien der ehemalige Uefa-Chef Michel Platini (Wikipedia), die französische Senatorin Nathalie Goulet (Wikipedia) sowie mehrere Journalist*innen und Anwält*innen, berichtete die "Sunday Times".
Nach Daten, die der Zeitung und dem Bureau of Investigative Journalism (Wikipedia) vorliegen, begannen die Hacker bereits 2019 damit, "im Auftrag eines Kunden" die E-Mail-Postfächer sowie Mikrofone und Kameras der Computer der Betroffenen aus der Ferne zu überwachen. "Die Ermittlungen deuten eindeutig darauf hin, dass der Auftraggeber (der Hacker) der Gastgeber der nächsten Fußballweltmeisterschaft ist: Katar", hieß es.
Ausspioniert wurden den Angaben zufolge unter anderem der "Sunday Times"-Journalist Jonathan Calvert, der zu Korruptionsfällen recherchiert hatte, die 2010 zur Vergabe der WM an Katar führten, sowie die französische Senatorin Nathalie Goulet, die Katar vorgeworfen hatte, "islamischen Terrorismus" zu finanzieren. Auch der US-ungarische Anwalt Mark Somos war demnach Ziel der Hacker - er hatte vor dem UN-Menschenrechtsrat eine Klage gegen die Königsfamilie von Katar eingereicht.
Platini, ein Befürworter von Katar als Austragungsort, soll kurz vor seiner Vernehmung durch die französische Justiz im Rahmen einer Untersuchung wegen Korruptionsverdachts bei der WM-Vergabe ausspioniert worden sein.
Platini erklärte der Nachrichtenagentur AFP, er sei "überrascht und zutiefst schockiert". Er prüfe "alle rechtlichen Schritte", um gegen eine möglicherweise vorliegende "Verletzung seines Privatlebens" vorzugehen.
Die indische Hackergruppe soll laut dem Bericht über ehemalige britische Polizei- und Geheimdienstbeamte beauftragt worden sein, die inzwischen im Privatsektor arbeiten. Anwälte der katarischen Regierung bestritten auf Anfrage der "Sunday Times", dass Katar in Hacker-Angriffe verwickelt gewesen sei.
Dem Bericht zufolge soll die Gruppe im Auftrag von britischen Anwaltskanzleien auch weitere Persönlichkeiten ausspioniert haben. So soll etwa der Schweizer Präsident Ignazio Cassis nach einem Gespräch über Sanktionen gegen Russland mit dem damaligen britischen Premierminister Boris Johnson ins Visier genommen worden sein. Auch ein aus Russland geflohener Oligarch soll im Auftrag einer Londoner Anwaltskanzlei, die für den russischen Staat arbeitet, überwacht worden sein.
Das Gastgeberland der am 20. November beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft steht wegen zahlreicher auf den Baustellen für die Fußball-WM getöteter oder verletzter Arbeiter in der Kritik. Zudem wird dem Land die Missachtung der Rechte von Frauen und LGBT-Menschen vorgeworfen.
kbh/ck
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