Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein heben die Corona-Isolationspflicht für positiv getestete Menschen auf. Das gaben die vier Bundesländer am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Es bedürfe "einer neuen Phase im Umgang mit der Pandemie", die sich "am Übergang zu einer Endemie" befinde, hieß es darin. In Bayern entfällt die Isolationspflicht schon ab kommendem Mittwoch, die anderen Länder nannten noch keine konkreten Daten.
Die Neuregelung soll jedoch zeitnah in allen vier Bundesländern in Kraft treten. Die Details würden derzeit ausgearbeitet, hieß es. An die Stelle der generellen Isolationspflicht sollen dann angepasste Maßnahmen wie eine begrenzte Maskenpflicht positiv getesteter Menschen sowie dringende Empfehlungen treten.
So soll beispielsweise in Schleswig-Holstein für positiv Getestete ohne Krankheitssymptome außerhalb der eigenen Wohnung eine fünftägige Maskenpflicht in Innenräumen gelten. Zudem gelte dann ein Betretungsverbot für medizinische und pflegerische Einrichtungen, erklärte die Landesregierung bereits.
Die vier Länder begründeten ihre Entscheidung unter anderem mit zurückgehenden Infektionszahlen, einer wirksamen Impfung, einer Basisimmunität innerhalb der Bevölkerung von mehr als 90 Prozent, sehr seltenen schweren Krankheitsverläufen und wirksamen antiviralen Medikamenten.
"Es ist Zeit, den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung zu übertragen", erklärte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Sein hessischer Kollege Kai Klose (Grüne) nannte die Entscheidung der vier Länder "verantwortbar und geboten".
Maßnahmen des Staats müssten immer verhältnismäßig sein, erklärte die schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU). "Freiheitseinschränkende Maßnahmen" seien in dieser Phase weder verhältnismäßig noch erfüllten sie Ihren Zweck.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte zudem die Bundesregierung. Diese habe sich "bislang einer gemeinsamen Lösung verweigert". Deshalb würden die vier Länder vorangehen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte den Schritt der Länder hingegen einen "Fehler, weil es zu einem Flickenteppich in ganz Deutschland führen würde". Die Entscheidung komme "zur Unzeit".
Es gebe derzeit keinen medizinischen Grund, auf die Isolationspflicht zu verzichten. Als Grund nannte Lauterbach in seinem Statement unter anderem eine "wahrscheinlich schwere Winterwelle".
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz übte Kritik. Die Länder, welche "die Isolationspflicht beerdigen", wischten wesentliche Fakten vom Tisch, erklärte Vorstand Egen Brysch. Unterschiedliche Regeln in den Ländern seien zudem "chaotisch".
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck begrüßte dagegen die Aufhebung der Isolationspflicht in den vier Ländern. Mit der Pflicht sei bei der derzeitigen hohen Dunkelziffer das Infektionsgeschehen nicht einzudämmen, sagte er der "Fuldaer Zeitung".
"Wir sollten davon Abstand nehmen und zu einem Isolationsgebot übergehen", ergänzte Streeck, der Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung ist. "Wer sich krank fühlt, sollte zu Hause bleiben", sagte er.
awe/cfm
© Agence France-Presse