Klimafreundlicher fliegen war ein zentrales Thema auf dem IHK-Luftverkehrsforum in Greven. Dafür soll unter anderem eine komplette Infrastruktur mit Photovoltaik-Anlagen und Elektrolyseuren entstehen: für die emissionsneutralen Flugzeuge der Zukunft. Dass dies keine Zukunftsmusik ist, sollte Florian Kruse, Geschäftsführer von „EVIA AERO“ aus Bremen, belegen. Er habe auch schon elektrische Flugzeuge bestellt. Es heißt „die Wirtschaftsvertreter zeigten sich beeindruckt.“ „Gigantisch“ nannte Dr. Stefan Kirmße von zeb consulting in Münster die Aussichten. Und in den Westfälischen Nachrichten zitiert Stefan Werding den Geschäftsführer des FMO Rainer Schwarz, der es "für logisch hält, in absehbarer Zeit nicht mehr mit Kerosin-Knatterern über das Weltkulturerbe Wattenmeer zu den ostfriesischen Inseln zu fliegen“.
Grüne Mobilität für alle?
Dann sehen wir uns das einmal an: Die Firma EVIA Aero aus Bremen möchte nachhaltig, klimaneutral und CO2-frei fliegen. Mit dem Flugzeug „Eviation Alice“ des Herstellers „Eviation Aircraft“. Dies hatte am 27. September 2022 seinen 8-minütigen Erstflug. Schon 2026 soll es los gehen, wenn alles klappt. Dieses Flugzeug hätte eine Reichweite von 400 km und ist für neun Personen ausgelegt.
Das heißt übersetzt: Was hier gefeiert wird, ist keine Wende in der Luftfahrt, sondern der Versuch der Flughafenlobby, sich als zukunftsorientiert und umweltbewusst darzustellen, obwohl die faktische Basis dafür fehlt. Denn: Selbst wenn es diese Flugzeuge irgendwann in nennenswerter Zahl gäbe, sind diese neuen Antriebstechniken doch von einem massentauglichen Einsatz weit entfernt. Klimaneutraler Flugverkehr, der die Massen an heute Fliegenden transportieren kann, ist noch immer nicht in Sicht. Auf Massentourismus beruht jedoch das Geschäftsmodell des FMO: Erst bei über 1 Million Passagiere pro Jahr kann der Flughafen aus der Verlustzone kommen. Darunter bleibt er ein Zuschussbetrieb. Seit seiner Gründung hat der FMO noch nie Gewinne gemacht. Das vorgestellte Konzept ist ein Batteriespielzeug für den Flug einiger sehr Betuchter über das Weltkulturerbe Wattenmeer, viel mehr – oder weiter – aber auch nicht. Die Infrastruktur für dieses neue Spielzeug für Reiche soll weiter von den Steuerzahler*innen bezahlt werden.
Die Weichen stellen
Viele haben längst den Willen zu Veränderungen, denn dass der drohende Klimakollaps uns zu Veränderungen zwingt, ist den meisten Menschen bewusst. Unsere Außenministerin sagte gerade auf dem Weltklimagipfel, dass die Welt auf einen Abgrund zusteuert. Das zwingt uns zum Handeln.
Wir werden bestimmte Handlungsmuster ändern und können dafür auf die Infrastruktur am Boden zurückgreifen. Die Lobbyarbeit der IHK und Flughafenlobby soll uns genau davon abhalten – denn um den Flughafen zu betreiben, brauchen sie in Wahrheit genau das Gegenteil, nämlich mehr Flüge und weitaus mehr Passagiere. Das ist mit keinerlei klimafreundlichem Konzept vereinbar.
Der Flugverkehr ist ein Treiber der Klimakatastrophe, zutiefst ungerecht (1% Vielfliegende verursachen 50% der Flugemissionen – und 80% der Weltbevölkerung fliegen gar nicht!) und der Lärm der Flugzeuge ("Kerosin-Knatterer") macht Menschen krank. Der Flughafen ist kein angenehmer Nachbar.
Wir hatten soeben den heißesten Sommer seit 500 Jahren und Millionen Menschen sind Opfer der verschiedenen Wetterextreme geworden. Wie wird es in dreißig Jahren sein, wenn meine Enkelin selbst für eine Familie Verantwortung hat? Wird sie wissen, dass wir heute die Weichen für eine lebenswerte Zukunft gestellt haben oder haben wir ihr und ihrer Generation jeden Handlungsspielraum genommen? Weil wir hereingefallen sind und Steuermillionen weiter für Greenwashing-Klimasünder wie den Flugbetrieb versenkt haben?
Ökonomischer Erfolg ohne Ballast
Natürlich gab es auf der Veranstaltung noch das Argument, dass die Wirtschaft der Region den Flugbetrieb am FMO brauche. "Niklas Sievert vom Osnabrücker Familienunternehmen Sievert bestätigte, dass er den FMO gern als Zubringer zu den großen Hubs wie Frankfurt und München nutzt." Die Übertreibung der wirtschaftlichen Bedeutung von Regionalflughäfen gehört zur Lobbyarbeit wie das Greenwashing ihrer Branche. Diese möchte ihre Interessen schützen und ist leider ziemlich rücksichtslos im Umgang mit Menschen und Ressourcen. Das ist gar nicht nachhaltig oder zukunftsorientiert – au ch nicht aus Sicht der Wirtschaft!
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, das den Menschen die Auswirkungen der Klimakrise konkret deutlich machen will, stellt folgende Berechnung auf: „Ein Grad mehr bedeutet: minus fünf Prozent Bruttoinlandsprodukt.“
Wir verdrängen die Kosten für die Menschen, aber auch für die Wirtschaft in die Zukunft, wenn wir nicht handeln. Genau so sieht das auch das Bundesverfassungsgericht, das in einem epochalen Urteil die Gesetzgebung aufgefordert hat, einen konkreten Plan zum Ausstieg aus den Treibhausgas-Emissionen vorzulegen. Auf dieser Grundlage wurde das Klimaschutzgesetz verabschiedet, das auch Landkreise und Kommunen verpflichtet, zum Klimaschutz beizutragen. Die Frage lautet daher an die Eigentümer-Kommunen und -Kreise: Wie sollen die Treibhausgas-Emissionen verringert werden? Bisher sind dazu wenig konkrete Maßnahmen erkennbar.
Ein Fass ohne Boden
Dem fügte Dr. Benedikt Mandel, Geschäftsführer der MKmetric Gesellschaft für Systemplanung, die irreführenden Berechnungen aus dem Münsteraner Gutachten bei. Angeblich würde die Schließung des Airports „100 Millionen Euro plus“ kosten für die Abwicklung, zuzüglich der Abschreibungen. Nur: Die beauftragten Gutachter haben sich überhaupt nicht mit der Frage befasst, wie Infrastruktur und Gelände des FMO sozial- und klimaverträglich genutzt werden könnten, wenn der Flugverkehr aufgegeben würde. Und, um das nochmal deutlich zu sagen: Das Geld ist ohnehin weg und wird nie wiederkommen, denn Gewinne sind nicht in Sicht.
Es ist Zeit, zu fragen, wie das Geld der Steuerzahler*innen klimafreundlich und damit zukunftsfest und wirtschaftlich (!) investiert werden kann. Der Standort des FMO in Greven hätte auch ohne Flugbetrieb viel Potenzial: z. B. als Energiepark mit biointensiver Landwirtschaft. Einen erfolgreichen Energiepark können wir in der naheliegenden Gemeinde Saerbeck sehen. Selbstverständlich könnten bodengebundene Logistik oder das Testzentrum – oder das Zusammenziehen des Katastrophenschutzes – auch auf einem FMO-Gelände ohne Flugbetrieb weiter funktionieren.
Zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen
Der klimaschädliche, kostenintensive und laute Flugverkehr an diesem kleinen Regionalflughafen hat hingegen – so sehr man ihn auch grün wäscht – in der Realität keine Zukunft mehr. Es wird Zeit, das zu akzeptieren und auf positive, wirtschaftliche Entwicklung für den FMO-Standort zu setzen!
Kommentar von Klaus Schwietz
Bündnis „FMO-Ausstieg jetzt!“