Münster. – Bei immer mehr Menschen fallen Arbeitsort und Wohnort räumlich auseinander. Was die aktuelle Pendlerstatistik von IT.NRW landesweit zeigt, gilt auch für Münster und das Münsterland. „Das Wohnungsangebot in der Stadt Münster kann mit der stark wachsenden Anzahl von Arbeitsplätzen in der Stadt weiterhin nicht Schritt halten“, resümiert Joachim Brendel, Leiter des Geschäftsbereichs Branchen und Infrastruktur der IHK Nord Westfalen. Umso wichtiger sei es, so Brendel, das Angebot im Bahn- und Schnellbusverkehr zwischen der Stadt Münster und den Münsterlandkreisen zu erweitern, etwa durch das Projekt S-Bahn Münsterland, dessen schrittweise Realisierung nach Brendels Einschätzung aber erst im Laufe der 2030er-Jahre abgeschlossen sein dürfte.
Wie aus den aktuell veröffentlichten Daten von IT.NRW hervorgeht, lag die Zahl der Menschen, die ihren Arbeitsplatz in Münster haben, aber außerhalb der Stadt wohnen, im vergangenen Jahr bei 109.000 und damit um vier Prozent über dem Wert von 2020. Als gewisser Dämpfer für die hieraus resultierende Verkehrsnachfrage habe sich erwartungsgemäß die Corona-Pandemie erwiesen. Noch heute liege das Pendleraufkommen auf der Straße sowie in Bussen und Bahnen zwischen 10 und 15 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau.
„Viele Menschen haben heute die Möglichkeit, den einen oder anderen Tag in der Woche von zuhause aus zu arbeiten. Offiziell bleiben sie trotzdem Pendler, auch wenn sie an diesen Tagen gar nicht zum Arbeitsplatz fahren“, verdeutlicht Brendel die Tücken der Statistik. Diese Einschätzung stützten auch Zahlen des Statistischen Bundesamtes, wonach die Arbeitsplatzbesuche selbst im Oktober 2022 noch rund acht Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau lagen.
Nichtsdestotrotz müsse die Mobilitätswende weiter vorangetrieben und den Pendlern attraktive und leistungsfähige Alternativen zum eigenen Auto angeboten werden, so Brendel. Dazu hatte die IHK Nord Westfalen gemeinsam mit weiteren Wirtschaftsorganisationen bereits Anfang des Jahres einen Diskussionsbeitrag für eine nachhaltige Mobilität in der Stadtregion Münster veröffentlicht. Sorgen bereitet dem IHK-Geschäftsbereichsleiter allerdings der immer größer werdende Mangel an Fahr- und Servicepersonal bei den Verkehrsbetrieben sowie die im Zuge der massiv gestiegenen Betriebskosten immer deutlicher zu Tage tretende Finanzierungslücke für den öffentlichen Nahverkehr. „Wenn wir das politisch gesetzte Ziel der Verkehrswende tatsächlich erreichen wollen, müssen der Bund und die Länder die Mittel für den öffentlichen Verkehr noch einmal massiv erhöhen und verstetigen“, so Brendel. Ansonsten sei zu befürchten, dass „die schöne neue Mobilitätswelt“ über wenige Modellprojekte und allgemeine Visionen nicht hinauskommen werde.
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Joachim Brendel, Leiter des Geschäftsbereichs Branchen und Infrastruktur der IHK Nord Westfalen.
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