Von Fluch keine Spur: Weltmeister Frankreich hat trotz eines frühen Doppelschocks bei seinem WM-Auftakt einen Hauch von Zauber versprüht. Nach einem schnellen Rückstand und der möglicherweise schweren Verletzung des Bayern-Verteidigers Lucas Hernandez fingen sich die Franzosen am Dienstag schnell wieder und besiegten Australien völlig verdient mit 4:1 (2:1).
Die vergangenen drei Titelverteidiger waren in der Gruppenphase gescheitert, daran mögen sich die Franzosen beim überraschenden 0:1 durch Craig Goodwin (9.) erinnert haben. Doch Kylian Mbappe (Wikipedia), Ousmane Dembele und die anderen Topstars brauchten nur 15 Minuten, um sich einmal kräftig zu schütteln: Adrien Rabiot (27.) und Olivier Giroud (32.) drehten danach das Spiel in Al-Wakrah.
Jackson Irvine vom FC St. Pauli köpfte den Ball für Australien an den Pfosten (45.+2), es war fast schon das letzte Aufbäumen. Mit Mbappes Tor (68.) war die dann sehr einseitige Begegnung vor 40.875 Zuschauern entschieden. Giroud ließ seinem 50. Länderspieltor die Nummer 51 folgen (71.) - er ist nun gemeinsam mit Thierry Henry der Rekordtorschütze seines Landes. In der Gruppe D spielen beide Team noch gegen Dänemark und Tunesien.
Kaum ein Team war vorab so von Verletzungen durchgewirbelt worden wie das französische. Karim Benzema, Paul Pogba, N'Golo Kante, Christopher Nkunku, Presnel Kimpembe - der Grande Nation fehlt bei der WM eine halbe Mannschaft, nach der sich andere die Finger lecken würden. Und doch brachte der Titelverteidiger eine Startelf mit sieben Weltmeistern und drei Bayern-Spielern auf den Platz: neben Hernandez noch Dayot Upamecano und Benjamin Pavard in der Abwehr, später kam vorne Kingsley Coman hinzu.
Mbappe stürmte auf links, Dembele kam über rechts, zentral wartete Giroud auf Hereingaben: Frankreich begann sofort, den Außenseiter einzuschnüren. Doch sensationell saß der erste australische Konter über Goodwin, den Flügelstürmer von Adelaide United mit geschätzt einer Million Euro Marktwert.
Es war ein doppelter Wirkungstreffer für den Weltmeister - denn in der Entstehung erlitt Hernandez bei seinem Klärungsversuch eine Knieverletzung. Der Linksverteidiger humpelte von Sanitätern gestützt in die Kabine und wurde von seinem jüngeren Bruder Theo ersetzt, der später den Ausgleich vorbereitete. Australien hätte die Verunsicherung beinahe für ein zweites Tor genutzt, Mitchell Duke setzte seinen Schuss knapp daneben (22.).
Die technischen Vorteile der Franzosen schlugen sich 1591 Tage nach dem WM-Finale 2018 kurzzeitig nicht mehr in krasser Überlegenheit nieder. Australien hielt den Weltmeister mit Laufarbeit und Leidenschaft vom eigenen Tor fern und inszenierte selbst Angriffe, Irvine war in seinem 50. Länderspiel oft daran beteiligt.
Dann aber befreite Rabiots Kopfball Frankreich aus der Lethargie, die Anspannung wich spätestens mit dem Führungstor Selbstvertrauen und Spielfreude. Mbappe erlaubte sich einen Hackentrick, seine erste Großchance der WM vergab er im Volley-Sprung (45.). Danach nahmen die Franzosen den Gegner genüsslich auseinander.
Andreas ASEN und Lars VÖLKERINK /
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