Münster (SMS) Die Stabsstelle Smart City hat ein digitales Gewächshaus am Allwetterzoo in Münster vorgestellt, das Restwärme einer Fernwärmeleitung zur ganzjährigen Pflanzenzucht nutzt. "Öffentlicher Pflanzennahverzehr (ÖPNV)" heißt das Pilotprojekt. Es ist eine Kooperation zwischen dem Allwetterzoo Münster, der Allianz Smart City Münster und der IT-Beratungsfirma codecentric aus Münster, die das Projekt initiierte. Weitere Partner sind die Westfälische Wilhelms-Universität Münster und das Unternehmen Heddier Electronic.
Die Allianz Smart City, zu der rund 40 Partner gehören, hat seit ihrer Gründung vor rund drei Jahren bereits einige digitale Projekte entwickelt, getestet und umgesetzt – etwa das Smart City Reallabor am Albersloher Weg oder den Mobilitätsversuch LeezenLOOPmünster. "In Münster gibt es eine Menge guter Ideen, wie wir unsere Stadt in Zukunft gestalten wollen", sagt Stadtbaurat Robin Denstorff. Dabei sei es unerheblich, aus welcher Feder diese Ideen ursprünglich stammen – ob von Bürger*innen, von Unternehmen und Wissenschaftspartner*innen oder aus Politik und Verwaltung. Entscheidend sei, dass diese Projekte unser Leben besser machen und wie wir sie ausprobieren können, so Denstorff.
"Um dies aktiv zu fördern, haben wir das Netzwerk Allianz Smart City Münster – kurz Allianz – ins Leben gerufen." Rund 40 Teilnehmende der Allianz trafen sich zur Vorstellung des neuen Projektes im Allwetterzoo und tauschten sich über weitere innovative Ideen und aktuelle Projekte rund um die Zukunft der Stadt aus.
Dr. André Wolf, Leiter der Stabsstelle Smart City, freut sich, dass mit dem Projekt "Öffentlicher Pflanzennahverzehr" nun ein weiteres Allianz-Projekt umgesetzt worden ist: "Die Zukunft der Stadt ist vernetzt. Dabei ist es wichtig, nicht nur Daten, Anwendungen und Geräte zu vernetzen, sondern auch Mitgestalter*innen in einen Erfahrungsaustausch zu bringen und so den Nährboden für wichtige Zukunftsthemen der Stadtentwicklung zu bereiten. Eines davon ist ganz gewiss auch der Themenbereich Stadt und Ernährung und die kluge Nutzung von Energie und Abwärme."
Zum Beheizen des Gewächshauses wird die Restwärme einer Fernwärmeleitung unter dem Zooparkplatz genutzt. Diese verläuft unter dem Platz in einem Fernwärmeschacht vom Blockheizkraftwerk des Zoos zu den Aquarien und Tropenhäusern, in dem es trotz sehr guter Isolierung der Rohre immer 27 Grad warm ist. Diese warme Luft, die bisher einfach verpufft, wird nun mit einem Ventilator angesaugt und in das Gewächshaus geleitet.
Das Gewächshaus selbst ist mit verschiedenen Sensoren ausgestattet. So werden für jede Pflanzrinne Gewicht, PH-Wert und Leitfähigkeit der Nährlösung, Temperaturen und Helligkeit gemessen sowie die Überwachung des Pflanzenwachstums per Computer-Vision und Künstlicher Intelligenz vorgenommen. Die Daten aus dem digitalen Gewächshaus sollen zukünftig u.a. in das Open-Data-Portal der Stadt Münster eingespielt werden. Auch die Universität Münster wird das Gewächshaus und dessen Daten für Forschungsprojekte und Abschlussarbeiten nutzen.
Die Idee des smarten Gewächshauses, das mit Abwärme beheizt wird, stammt aus Nürnberg. "Dort wurde die Restwärme aus U-Bahn-Schächten genutzt, um Salat in einem Gewächshaus anzubauen, welches sich über dem Wärmeschacht befindet - ÖPNV im doppeldeutigen Sinn also", sagt Dieter Dirkes von codecentric. Die Wärme konnte damit sinnvoll genutzt werden.
Gemeinsam mit den Partner*innen aus der Allianz ist das Projekt dann für Münster angepasst worden. Das IT-Beratungshaus Codecentric finanziert das Projekt und bringt Wissen rund um Vernetzung (Internet of Things), Künstliche Intelligenz und Cloud ein, der Zoo stellt den Raum zur Verfügung und nimmt das Projekt in seine umweltpädagogische Arbeit auf, die Universität Münster begleitet das Projekt wissenschaftlich und die Firma heddier electronic aus dem Münsterland unterstützt mit ihrer Expertise rund um das Thema Elektronik.
Zoodirektorin Dr. Simone Schehka ist begeistert von dem Projekt: "Als ich von dem Projekt hörte, war mir sofort klar, das Gewächshaus muss hier im Zoo aufgestellt werden. Wir haben einige Stellen, an denen Restwärme ungenutzt bleibt. Letztendlich haben wir uns für den Standort auf dem Vorplatz entschieden, so dass zusätzlich zu den Zoobesuchern auch Spaziergänger*innen vom Aasee und Besucher*innen des benachbarten LWL-Museums das Projekt kennenlernen."
Die Allianz Smart City ist ein Zusammenschluss von zurzeit über 40 Partnern aus Unternehmen und Start-ups, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, Verbänden, Kammern, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Stadt Münster. Sie versteht sich als Kooperationsplattform, die von der Stabsstelle Smart City Münster im Dezernat für Planung, Bau und Wirtschaft koordiniert wird. Die Allianzpartner*innen wollen den digitalen Wandel im Sinne einer integrierten und nachhaltigen Stadtentwicklung mitgestalten, aktiven Wissens- und Erfahrungsaustausch betreiben und Ideen und Projekte für die Smart City Münster ko-kreativ und kolaborativ entwickeln.
Weitere Informationen bei www.smartcity.ms.
Foto: Das digitale Gewächshaus am Allwetterzoo nutzt die Restwärme einer Fernwärmeleitung zur ganzjährigen Pflanzenzucht. Künstliche Intelligenz und Sensoren steuern das Pflanzenwachstum.
(v. l.) Yannick Niehues, Prof. Dr. Dirk Prüfer (beide Universität Münster), Dieter Dirkes (codecentric), Dr. Simone Schehka (Allwetterzoo Münster), Robin Denstorff (Stadtbaurat) und Dr. André Wolf (Smart City Münster).
Stadt Münster