Manche dieser Menschen lebten schon "sehr, sehr lange" in Deutschland und hätten Kinder und Enkel, sagte Scholz weiter. Deshalb sei es "sehr gut", wenn sie sich dafür entschieden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben.
Die Regierung will Einbürgerungen erleichtern und beschleunigen. Nach den Plänen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) soll die Einbürgerung künftig in der Regel schon nach fünf statt nach acht Jahren möglich sein. Für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration sollen die Hürden für die Einbürgerung gesenkt werden. Die Möglichkeiten zur Mehrfachstaatsangehörigkeit sollen ausgeweitet werden.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher (Wikipedia), lobte die Pläne: "Deutschlands Fachkräfteproblem wird sich durch die Demografie und durch den zunehmenden Wettbewerb um die klügsten Köpfe massiv verschärfen, wenn die Politik nicht viel entschiedener als bisher handelt", sagte er dem "Handelsblatt". Eine klare Perspektive auf Staatsangehörigkeit sei ein wichtiges Element, um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen.
Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu (Wikipedia), begrüßte die geplante Reform. "Das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht entspricht nicht mehr der Realität unserer Tage; es muss von Grund auf angepackt werden", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Denn wir haben mehrere Millionen Menschen mit mehreren Staatsbürgerschaften. Das ist bisher nicht erlaubt. Das muss anders werden."
Die Union dagegen kritisierte die Pläne. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der "Bild"-Zeitung: "Die deutsche Staatsbürgerschaft zu verramschen fördert nicht die Integration, sondern bezweckt geradezu das Gegenteil und wird zusätzliche Pulleffekte bei der illegalen Migration auslösen." Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Stefan Heck sagte der Zeitung: "Die inflationäre Vergabe deutscher Pässe birgt enormen sozialen Sprengstoff."
CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte der "Bild", Einbürgerungen ohne Integrationsbereitschaft dürfe es nicht geben. Bei Sprachkenntnissen oder Grundkenntnissen über Deutschland dürfe es keine Abstriche geben. "Erst die Integration, dann der Pass."
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