Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appelliert an die
Bürger, sich an die Auflagen zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus zu
halten. Es sei "existentiell", das öffentliche Leben so weit es geht
herunterzufahren, sagte sie in einer Fernsehansprache. Auch EU-Ratspräsident
Charles Michel forderte die Menschen auf, die Anordnungen der Behörden genau zu
befolgen.
Merkel äußerte sich in dem für sie sehr ungewöhnlichen Format einer Fernsehansprache, die am Mittwochabend ausgestrahlt werden sollte. Normalerweise meldet sie sich auf diese Weise nur an Silvester zur Wort.
In der Ansprache stellte die Kanzlerin die Bewältigung der Corona-Krise als eine Aufgabe von historischem Ausmaß dar. "Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt", sagte sie. "Unsere Vorstellung von Normalität, von öffentlichem Leben, von sozialem Miteinander - all das wird auf die Probe gestellt wie nie zuvor."
Das Coronavirus verändere das Leben in Deutschland dramatisch. Sie wisse, wie hart die Schließungen etwa von Veranstaltungsräumen, Schulen, Kitas und Spielplätzen sei, sagte Merkel. "Es sind Einschränkungen, wie es sie in der Bundesrepublik noch nie gab."
Dennoch müssten die Vorschriften befolgt werden, betonte Merkel. "Ich appelliere an Sie: Halten Sie sich an die Regeln, die nun für die nächste Zeit gelten. Wir werden als Regierung stets neu prüfen, was sich wieder korrigieren lässt, aber auch: was womöglich noch nötig ist."
Alle staatlichen Maßnahmen würden ins Leere gehen, "wenn wir nicht das wirksamste Mittel gegen die zu schnelle Ausbreitung des Virus einsetzen würden: Und das sind wir selbst", sagte die Kanzlerin. "Alle zählen, es braucht unser aller Anstrengung."
EU-Ratspräsident Michel äußerte sich ähnlich. "Jeder EU-Bürger kann Teil sein der Lösung im Kampf gegen die Corona-Krise, indem er sich an die Anordnungen der nationalen Behörden hält", sagte er der "Welt" und weiteren europäischen Medien. Dafür müsse jeder Mensch bereit sein, Verzicht zu üben: "Wir müssen immer Freiheit und Grundrechte garantieren. Aber gleichzeitig haben wir verstanden, dass wir mehr soziale Distanz einhalten müssen." Dies sei schwierig, "aber die Krise erfordert die richtigen Antworten".
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sicherte berufstätigen Eltern, die von Kita- und Schulschließungen betroffen sind, Unterstützung zu. Nötig sei, "unverhältnismäßige Lohneinbrüche" bei fehlender Kinderbetreuung auszuschließen, "und wir werden das gesetzlich auch machen", sagte er nach einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie Arbeitgebern und Gewerkschaften.
Unterdessen lief die Rückholaktion für deutsche Urlauber an, die wegen der Corona-Epidemie gestrandet sind. Im Laufe des Tages sollten 30 Maschinen in der Luft sein, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch. Am Nachmittag landete in München der erste von der Bundesregierung gecharterte Flieger mit 153 in Tunesien gestrandeten Deutschen. 4000 weitere Touristen sollten am Abend allein aus Ägypten zurückfliegen. Auf Twitter sprach das Auswärtige Amt von der "größten Rückholaktion aller Zeiten".
cne/bfi
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