Chronische Atemwegserkrankungen sind einer der häufigsten Gründe von Arbeitsausfällen und gehören somit zu den sogenannten Volkskrankheiten. Da ist es sinnvoll, diese Patientinnen und Patienten medizinisch ganzheitlich interdisziplinär zu betrachten. Betroffenen mit Erkrankungen der oberen Atemwege steht ab sofort das Deutschen Zentrum für Erkrankungen der oberen Atemwege am UKM (Universitätsklinikum Münster) mit umfassender Expertise zur Seite. Am Zentrum beteiligt sind Expertinnen und Experten von fünf Fachkliniken des UKM.
Münster (ukm/aw). Wenn häufige Erkrankungen der oberen Atemwege zu spät oder nicht richtig behandelt werden oder eine angeborene Immunschwäche oder Autoimmunerkrankung vorliegt, kann es vorkommen, dass sich Erscheinungen wie Rhinitis (Schnupfen) oder Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen) dauerhaft chronisch ausbilden. Die unangenehmen Folgen betreffen nicht nur die ständig laufende Nase, sondern können den von Mediziner*innen gefürchteten „Etagenwechsel“ zur Folge haben – also die Ausweitung der Beschwerden auf die unteren Atemwege wie Bronchien und Lunge. Sogar Asthmaanfälle und/oder Luftnot können dann die Folge sein. „Unsere Atemwege gehören zusammen. Wir betrachten die obere und die untere Etage der Atemwege gemeinsam, denn sie beeinflussen sich gegenseitig stark und werden mit Recht auch „united airways“ genannt. Dieser Zusammenhang, sowie die Vielzahl der Ursachen einer chronischen Erkrankung der Atemwege, hat uns zu der Idee geführt, eine Mehrebenen-Diagnostik in einem umfassenden Zentrum anzubieten“ freut sich die Leiterin des DZERA, Univ.-Prof. Claudia Rudack, die als Direktorin der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik am UKM, gleichzeitig den größten Anteil der Patient*innen stellt.
Die Besonderheit der mehrdimensionalen Zusammenarbeit im DZERA sind die wöchentlichen Fallbesprechungen mit allen beteiligten Kliniken: „Viele Erkrankungen der Atemwege existieren nicht allein, sondern kommen in Vergemeinschaftung. Wir machen uns in unseren wöchentlichen Fallbesprechungen gemeinsam an die Abklärung von chronischen Atemwegserkrankungen und wählen – je nach Diagnose – eine individuell angepasste Behandlung aus. Mit effektiven Therapien lindern wir die Beschwerden oder können sie in einigen Fällen auch ganz zum Abklingen bringen“, so Rudack weiter.
Am DZERA beteiligt ist neben der HNO unter anderem die UKM-Hautklinik mit den dort angebundenen allergologischen Patient*innen, die dort der Leiter der Allergologie, Dr. Mathias Sulk, betreut. „Das Zusammenspiel von Haut und Schleimhäuten spielt bei Allergikern eine große Rolle. Häufig kennen sie das Allergen, das ihr Leiden auslöst. Allerdings können wir in Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der HNO noch einmal deutlich andere Therapieoptionen anbieten. Eine gemeinschaftliche, über den allergologischen Part hinausgehende Betrachtung ist absolut sinnvoll“, erklärt Sulk.
Auch die beiden Kliniken für Innere Medizin Med B und Med D sind Teil des DZERA: Sie führen dem Zentrum die große Gruppe der Autoimmunerkrankten und rheumatologischen Patient‘*innen zu. Solche Betroffenen mit wiederkehrenden Knorpelentzündungen oder Gefäßerkrankungen an Nase, Ohr, Kehlkopf oder Lunge, bei denen der Körper Antikörper gegen den eigenen Körper richtet, werden landläufig als Rheuma-Patienten betrachtet. Hier kann eine verstärkte lokale Behandlung zusätzlich zur klassischen rheumatologischen Therapie nützlich sein, um beispielsweise die Atmung zu verbessern.
Chronische Erkrankungen der oberen Atemwege gehen häufig mit Erkrankungen der unteren Atemwegserkrankungen einher, im Falle von Immundefizienz auch mit infektiösen Lungenerkrankungen. Die Pneumologie mit ihrer Immundefektambulanz für Erwachsene ist daher ein weiterer wesentlicher Ansprechpartner in der Inneren Medizin. Priv.-Doz. Michael Mohr, Leiter der Pneumologie in der Medizinischen Klinik A des UKM, erläutert was er sich von der Gründung des DZERA erhofft: „Wenn es durch die Zentrumsbildung künftig zu einer frühzeitigen Zuweisung von komplexen Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen mit Infekthäufung kommt, wäre sehr viel erreicht. Denn momentan liegt die Zeit bis zur Diagnose eines Immundefektes bei Erwachsenen bei über fünf Jahren.“
Nicht nur erwachsene Patient*innen sondern auch Kinder und Jugendliche werden am DZERA künftig behandelt, die Klinik für Allgemeine Pädiatrie und die Klinik für pädiatrische Rheumatologie und Immunologie sind ebenfalls Teil des Zentrums. „Wir behandeln als universitäres pädiatrisches Zentrum auch Patientinnen und Patienten mit erblichen Immundefekten. Diese Kinder leiden unter wiederkehrenden Infektionen der Atemwege, die teils lange andauern und im Verlauf sehr kompliziert sein können. Die umfassende Behandlung der Symptomatik ist im Kindes- und Jugendalter enorm wichtig, weil sie die weitere Prognose der Erkrankung über die gesamte Lebenszeit bestimmt“, sagen Univ.-Prof Heymut Omran, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und Univ.-Prof. Dirk Föll, für die pädiatrische Rheumatologie und Immunologie. Omran fügt hinzu, dass auch Kinder mit angeborenen Defekten des Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien, der sogenannten mukoziliären Reinigung, zur Behandlung im Zentrum angebunden werden.
Interessierte können sich entweder über den Hausarzt oder auch eigeninitiativ zur Abklärung ihres Falls an die interdisziplinäre Sprechstunde des DZERA wenden. Terminabsprachen sind per Mail unter
dzera@ukmuenster.de möglich.
Universitätsklinikum Münster (UKM)
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