Die Europäische Zentralbank (EZB) hält wegen der anhaltend hohen Inflation an der Erhöhung der Leitzinsen fest - nimmt dabei jedoch das Tempo raus: Die Notenbank erhöht die Leitzinssätze um jeweils 0,5 Punkte auf zwischen 2,0 bis 2,75 Prozent. Der Satz, zu dem Geschäftsbanken sich Geld bei der EZB leihen können, steigt auf 2,5 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit 2008.
Bei ihren beiden vorangegangenen Treffen hatte die EZB die Zinssätze noch um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Sie bewegte sich mit ihrer Entscheidung am Donnerstag im Trend: Am Mittwoch hatte die US-Notenbank Fed den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 4,25 bis 4,5 Prozent angehoben. Die Bank of England erhöhte den Leitzinssatz am Donnerstag ebenfalls um 0,5 Punkte auf nun 3,5 Prozent - den höchsten Wert seit 14 Jahren.
In der Eurozone liegt der Spitzenrefinanzierungssatz nach der Entscheidung der EZB nun bei 2,0 Prozent und der Einlagensatz bei 2,75 Prozent. Weitere Erhöhungen in den kommenden Monaten schloss die EZB nicht aus. Nur so könne eine "zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Zwei-Prozent-Ziel gewährleistet" werden, erklärte die Notenbank.
Zugleich kündigte die EZB an, den Umfang ihrer milliardenschweren Anleihebestände zu verringern. Ab März 2023 sollen Gelder aus auslaufenden Wertpapieren nicht mehr vollständig in den Kauf neuer Anleihen fließen. Bis Ende Juni sollen die Bestände so monatlich um im Schnitt 15 Milliarden Euro schrumpfen. Derzeit umfasst der Anleihebestand 3,3 Billionen Euro.
Sparkassenpräsident Helmut Schleweis erklärte, das Vorgehen der EZB sei "ohne Alternative" - auch wenn der Zins für manche Wirtschaftsakteure inzwischen spürbar werde und die Gefahr einer Rezession in diesem Winter steigere. Entscheidend sei aber, dass der "Prozess der geldpolitischen Normalisierung" weitergehe.
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) nannte die EZB-Entscheidung angesichts der anhaltend hohen Inflation einen "notwendigen und richtigen Schritt - wenn auch für viele Unternehmen schmerzhaft".
Die EZB senkte außerdem ihre Wachstumsprognose für die Eurozone für kommendes Jahr von 0,9 Prozent auf noch 0,5 Prozent - eine Rezessionsgefahr für die Länder der Währungsunion sieht sie gleichwohl also nicht. Bei der Inflation geht die Zentralbank von 6,3 Prozent im kommenden Jahr aus, bevor die Teuerung 2024 wieder im Schnitt 3,4 Prozent betragen dürfte.
ilo/hcy © Agence France-Presse