Münster (lwl). Der Hebesatz für die LWL-Landschaftsumlage fällt geringer aus als ursprünglich vorgesehen: Die Landschaftversammlung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) beschloss am Dienstag (20.12.) in Münster mit großer Mehrheit den LWL-Haushalt für das Jahr 2023 – und das mit einem Hebesatz für die Umlage der 27 Mitgliedskreise und -städte von 16,2 Prozent. Damit haben die 125 Abgeordneten des Westfalenparlamentes der vom Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann, vorgeschlagenen Absenkung des eingebrachten Hebesatzes um 0,2 Prozentpunkte zugestimmt.
Die Gründe, warum der Hebesatz geringer ausfallen konnte als bei der Einbringung des Haushaltes Ende September: Die Umlagegrundlagen, also die Einkommen der Städte und Zuweisungen von Land und Bund, haben sich besser entwickelt als erwartet. Dazu kommt die vom Land NRW geschaffene Möglichkeit, Corona- und Ukrainekriegskosten im Haushalt zu "isolieren" und gesondert über einen längeren Zeitraum abzuschreiben. Somit müssen die 27 Städte und Kreise in Westfalen-Lippe mit einer LWL-Umlage von 16,2 Prozent (2022: 15,55 Prozent) rund 25 Mio. Euro weniger überweisen als vorher geplant. Die Landschaftsumlage beläuft sich damit auf insgesamt 2,88 Mrd. Euro (2022: 2,55 Mrd. Euro).
Kostensteigerung vor allem bei der Behindertenhilfe
Insgesamt umfasst der LWL-Haushalt 2023 Aufwendungen von knapp über vier Mrd. Euro. Die Corona-Pandemie, die Ukraine- und Klimakrisen sowie der Fachkräftemangel - dieses "Krisen-Knäuel" ist der Grund für einen finanziellen Mehrbedarf im Vergleich zum Vorjahr von fast 340 Mio. Euro: Vor allem bei der Behindertenhilfe gibt es eine Kostensteigerung im Vergleich zu 2022 von rund 282 Mio. Euro. Ursachen sind höhere Tarifabschlüsse insbesondere im Sozial- und Erziehungsdienst, Folgen der Ukraine-Krise, gestiegene Fallzahlen in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und Mehraufwendungen für gestiegene Fallkosten dort.
Angesichts weiter steigender Kosten hat das Westfalenparlament mehrheitlich die Verwaltung dazu aufgefordert, Anfang 2023 ein Konsolidierungsprogramm aufzulegen, das die Kostendynamik stoppen soll. Die Einsparpotentiale beim LWL sollen bei Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2024 mit einfließen.
Geteilte Meinungen
Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende, Dr. Kai Zwicker (Landrat des Kreises Borken), sprach von einem Haushaltsplan, der "ausgewogen und kommunalfreundlich mit den Herausforderungen unserer Zeit umgeht und der uns auch für die nächsten Jahre eine klare Orientierung bietet." Gleichzeitig müsse der LWL mit einer "historisch niedrigen Reserve bei historisch großen Schwankungen und einem Vier-Mrd.-Euro-Haushalt" umgehen.
In Zeiten großer finanzieller Herausforderungen müsse man die eigenen Strukturen, Aufgaben und Standards kritisch hinterfragen, Prioritäten setzen. Zwicker: "Der LWL hat dies zuletzt mit einem gezielten Konsolidierungsprogramm im Sozial- und Jugendbereich getan und dadurch bereits den Kostenaufwuchs in der Eingliederungshilfe gebremst."
Er appellierte an Land und Bund, der kommunalen Familie die dringend notwendige Finanzausstattung zur Verfügung zu stellen: "Land und Bund dürfen die Situation in den Kommunen nicht weiter verkennen - oder noch viel schlimmer: die kommunale Familie untereinander ausspielen." Die Zukunft der Kommunen müsse vor Ort gestaltbar bleiben.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Karsten Koch machte deutlich: "Wir stehen vor dem nicht mehr lösbaren Spagat, einerseits für die sichere Betreuung von Menschen mit Behinderung Sorge zu tragen, und andererseits die Finanzierung dafür in den Griff zu bekommen" Die Lösung sei, dass dem LWL und der kommunalen Familie finanziell von Bund und Land geholfen werden müsse. Dazu gehörten laut Koch die Forderung nach einer Dynamisierung der Bundesbeteiligung an der Eingliederungshilfe und die Schaffung eines eigenen, einprozentigen Eingliederungshilfe-Ansatzes im Gemeindefinanzierungsgesetz durch das Land. "Allein das würde den beiden Landschaftsverbänden zusammen ermöglichen, die Zahllast der Landschaftsumlage sofort um 652 Millionen Euro zu senken. Das könnte das Land aus eigener Kraft beschließen", so Koch.
Die Fraktionssprecherin der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, Karen Haltaufderheide, sagte: "Reflexartig ist immer wieder zu hören, dass der LWL seine Standards überprüfen müsse. Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Eine personenzentrierte Versorgung der Leistungsberechtigten auf der Grundlage des BTHG mit dem Anspruch, der UN-Behindertenrechtskonvention zu genügen, ist kostenintensiv." Zur Isolierung der Corona- und Ukrainekriegskosten sagte sie: "Für Umlageverbände ist dieses Vorgehen schon fast ein Treppenwitz: Wir rechnen uns reich und schön, um uns anschließend von den Kommunen vorwerfen zu lassen, dass wir reich und schön sind." Während gerade die Ruhrgebietsstädte Altschuldenlösung forderten, werde ein neuer kommunaler Schuldenberg aufgetürmt: Die Kommunen müssten endlich in einem Maß finanziert werden, um die Erfüllung ihrer Aufgaben möglich zu machen, forderte Haltaufderheide.
Für die FDP-Freie Wähler signalisierte ihr Chef Arne Hermann Stopsack Zustimmung zum Haushalt: "Mit dem Umlagesatz von 16,2 Prozent können die Kommunen in Westfalen-Lippe leben, nicht jedoch mit den Steigerungen, die für die kommenden Jahre in der mittelfristigen Finanzplanung stehen." Nötig seien darum eine "Sozialstaatsbremse", mehr Transparenz, effizientere Leistungen und Wirkungskontrolle.
Rolf Kohn, Sprecher der Fraktion Die Linke.Die Partei, warnte: "Die kommunale Familie steht finanziell mit dem Rücken an der Wand. Dringende soziale Arbeit kann jetzt schon nicht mehr geleistet werden. "Die Kinderarmut wachse in den Städten und Kreisen. Die Linke.Die Partei lehnte den Haushalt ab.
Sascha Menkhaus, Vorsitzender der AfD-Faktion, kritisierte, dass der Haushaltsplan des LWL seine Einsparpotentiale nicht ausschöpfe. Deshalb stimme die AfD gegen diesen Haushaltsentwurf.
Titelbild: Der nunmehr beschlossene Haushalt des LWL für 2023 umfasst rund vier Mrd. Euro an Aufwendungen.
Grafik: LWL-Statistik
Landschaftverband Westfalen-Lippe (LWL)