US-Präsident Joe Biden hat dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj bei dessen erster Auslandsreise seit Kriegsbeginn die dauerhafte Unterstützung der USA und des Westens zugesichert. "Sie werden niemals allein sein", sagte Biden am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj im Weißen Haus. "Wir werden Ihnen beistehen, so lange es nötig ist."
Der ukrainische Präsident dankte den USA genau 300 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs für die Zusage, ein erstes Patriot-Luftabwehrsystem (Wikipedia) an sein Land zu liefern. Zugleich machte er deutlich, dass er sich noch deutlich mehr Waffen wünscht. Die Lieferung eines Patriot-Systems sei ein "wichtiger Schritt" und werde "unsere Luftabwehr bedeutsam stärken", sagte Selenskyj, der einen Pullover und Cargohosen in Tarnfarbe trug.
Selenskyj sagte zugleich scherzhaft: "Wir werden Präsident Biden ein Signal senden, dass wir gern mehr Patriots hätten." Er fügte dann hinzu: "Wir sind in einem Krieg, es tut mir wirklich leid." Als eine Journalistin fragte, ob die USA der Ukraine nicht grundsätzlich viel mehr Waffen liefern könnten, sagte Selenskyj lachend: "Ich stimme zu."
Biden wies bei der Pressekonferenz russische Vorwürfe zurück, die Lieferung des Patriot-Systems stelle eine Verschärfung des Krieges dar. "Es ist ein defensives Waffensystem. Das ist nicht eskalierend, es ist defensiv." Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor über das US-Luftabwehrsystem gesagt: "All dies führt sicherlich zu einer Verschärfung des Konflikts und verheißt nichts Gutes für die Ukraine."
Selenskyj war am Mittwoch überraschend nach Washington (Wikipedia) gereist. Es war seine erste Auslandsreise seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen sein Land am 24. Februar. Die US-Regierung sagte der Ukraine anlässlich des Besuchs neue Militärhilfen im Umfang von 1,85 Milliarden Dollar zu. Diese umfasst auch ein von Kiew angesichts anhaltender russischer Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur dringend gewünschtes Patriot-System. Die Bundesregierung begrüßte die US-Ankündigung.
Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine bei der Abwehr des russischen Angriffs. Seit Bidens Amtsantritt Anfang 2021 belaufen sich die Militärhilfen des Landes für Kiew laut US-Außenministerium auf "beispiellose 21,9 Milliarden Dollar".
Der US-Kongress will in den kommenden Tagen im Zuge des Haushalts für 2023 knapp 45 Milliarden Dollar (rund 42,4 Milliarden Euro) an weiteren Hilfen für die Ukraine beschließen. Das umfasst militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe. Selenskyj wollte am Mittwochabend (Ortszeit) vor dem Kongress eine Rede halten.
Bei der Pressekonferenz mit Biden zeigte sich der ukrainische Präsident entschlossen, gegenüber Russland nicht nachzugeben. "Für mich als Präsident bedeutet ein gerechter Frieden keine Kompromisse bei Souveränität, Freiheit und territorialer Integrität."
Biden sagte, der Kampf der Ukraine gegen die russischen Angreifer sei "Teil von etwas viel Größerem". Die USA wüssten, "dass, wenn wir solchen eklatanten Angriffen gegen Freiheit und Demokratie und die Kernprinzipien von Souveränität und territorialer Integrität tatenlos zusehen, sicherlich schlimmere Konsequenzen auf die Welt zukommen würden".
Er sei auch "überhaupt nicht besorgt", was den westlichen Zusammenhalt bei der Unterstützung der Ukraine angehe, betonte Biden. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin warf er vor, kein Interesse an einem Ende des Krieges an den Tag zu legen. Der Krieg "könnte heute enden, wenn Putin Würde hätte und das Richtige täte" und einen Truppenabzug anordne, sagte der US-Präsident.
fs/jes AFP