Die Wahl eines neuen Sprechers des US-Repräsentantenhauses (Wikipedia) in Washington ist am Donnerstag erneut gescheitert. Trotz der Mehrheit der Republikaner erhielt ihr Kandidat Kevin McCarthy nicht die notwendige Anzahl an Stimmen, weil konservative Hardliner in fünf Wahlrunden erneut gegen ihn votierten. Nach insgesamt elf ergebnislosen Abstimmungen binnen drei Tagen vertagten sich die Abgeordneten auf Freitagmittag (Ortszeit, 18.00 Uhr MEZ).
Bei der siebten, achten, neunten, zehnten und elften Abstimmung verweigerten wie schon zuvor rund 20 seiner 221 republikanischen Kollegen die Zustimmung. McCarthy kann sich aber nur vier Abweichler in den eigenen Reihen leisten, um die nötige Mehrheit zu erlangen.
McCarthy hatte seinen Widersachern in den Reihen der Republikaner in der Nacht zu Donnerstag weitreichende Zugeständnisse gemacht. An der Ablehnung seiner Kandidatur durch die Vertreter des ultrarechten Parteiflügels änderte dies aber nichts. Eine Reihe von stark rechtslastigen Republikanern hält McCarthy für zu moderat und zieht seine Loyalität zu Ex-Präsident Donald Trump in Zweifel.
Am Mittwoch hatte Trump alle Abgeordneten der Republikanischen Partei zur Unterstützung McCarthys aufgerufen. Am Donnerstag nun stand Trump in der elften Abstimmungsrunde selbst zur Wahl. Der Republikaner Matt Gaetz (Wikipedia), ein glühender Anhänger des früheren US-Präsidenten, nominierte Trump und stimmte schließlich als einziger für ihn.
Der Wahlmarathon im Repräsentantenhaus ist für die oppositionellen Republikaner ein Debakel, die seit den Zwischenwahlen im November die Mehrheit in der Kongresskammer stellen.
Es handelt sich um eine Blamage von historischer Dimension:
Zuletzt war vor hundert Jahren mehr als eine Abstimmungsrunde nötig, um in der konstituierenden Sitzung des Repräsentantenhauses von 1923 einen Vorsitzenden zu wählen. Ein Szenario wie nun hat es seit 160 Jahren nicht mehr gegeben.
Die Blockade der Wahl hat konkrete Folgen:
Ohne Vorsitzenden können die Abgeordneten nicht vereidigt werden, Ausschüsse bilden und mit Gesetzesvorhaben beginnen. Die Wahl wird so lange wiederholt, bis ein Kandidat die einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus erreicht.
Das Amt des "Speaker of the House" ist nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin das dritthöchste in der staatlichen Hierarchie der Vereinigten Staaten. McCarthy will auf dem Posten der Demokratin Nancy Pelosi nachfolgen.
mhe/ma AFP