Trotz scharfer Proteste und diplomatischer Verwerfungen mit dem Iran veröffentlicht die französische Satirezeitung "Charlie Hebdo" erneut Karikaturen über Ayatollah Ali Chamenei. Sowohl auf der Titelseite als auch im Inneren des am Mittwoch erscheinenden Hefts sind Zeichnungen zu sehen, die das geistliche Oberhaupt des Iran und andere Geistliche verspotten. "Die Mullahs sind nicht glücklich", schreibt Redaktionschef Riss. Die Chamenei-Karikaturen "scheinen sie nicht zum Lachen gebracht zu haben".
Die Wochenzeitung hatte in der vergangenen Woche in einer Sonderausgabe zum Jahrestag des tödlichen Anschlags auf ihr Pariser Büro bereits dutzende Karikaturen über den obersten geistlichen Führer veröffentlicht. Die Zeitschrift erklärte, die Karikaturen seien Teil eines Wettbewerbs, den sie im Dezember zur Unterstützung der regierungskritischen Proteste im Iran ausgeschrieben hatte.
Auslöser der Protestwelle war der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini am 16. September nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strikte islamische Kleiderordnung.
Der Iran hatte Frankreich nach der Veröffentlichung der Karikaturen in der vergangenen Woche mit Konsequenzen gedroht und auch eine französische Forschungseinrichtung in der Hauptstadt Teheran geschlossen. Am Sonntag versammelten sich mehrere Dutzend Iraner vor der französischen Botschaft in Teheran und verbrannten französische Fahnen. Außerdem wurde ein Cyberangriff auf die Website von "Charlie Hebdo" verübt.
"Ein Computerangriff verursacht keine Toten, aber er setzt den Ton", schreibt Riss in der aktuellen "Charlie Hebdo"-Ausgabe weiter. 2015 war die Zeitschrift zum Ziel eines islamistischen Anschlags in Paris geworden, nachdem das Blatt mit der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen weltweit Empörung unter strenggläubigen Muslimen ausgelöst hatte. Elf Menschen starben damals in den Büros der Zeitung.
oer/bfi
© Agence France-Presse