Wer seid ihr?
Johannes: Wir sind Josef und Johannes von MatheMind und wir haben eine kleine Nachhilfefirma, mit der wir auch tagtäglich kurze Videos im Internet hochladen und dort monatlich Millionen Leute erreichen. Zu uns noch persönlich, ich habe 2017 angefangen BWL zu studieren in Münster und habe dann gewechselt auf Lehramt, Mathe und Sozialwissenschaften und habe da meinen Bachelor abgeschlossen.
Josef: Interessanterweise ist der Weg bei mir genau derselbe, also ich habe auch mit BWL angefangen, wir haben dann gemeinsam gewechselt und haben dann nebenbei MatheMind gegründet.
Wer gehört noch zu eurem Team?
Josef: Wir sind ein größeres Team mittlerweile, also Johannes und ich sind die beiden Gründer und wir haben acht Nachhilfelehrer*innen bei uns angestellt, die Nachhilfe geben und die Schüler*innen betreuen. Wir haben ein sehr cooles Team, viele Grüße, falls ihr das seht.
Warum gerade Mathe?
Josef: Bei uns war es so, wir haben Mathe und Sozialwissenschaften auf Lehramt studiert. Und im Lehramtstudium waren wir ein bisschen enttäuscht, weil wir haben uns erhofft, dass wir lernen, wie man Schüler*innen begeistern kann, wie man komplexe Inhalte einfach vermitteln kann. Und das haben wir überhaupt nicht gelernt. Wir haben gelernt, komplexe mathematische Beweise führen zu können, aber wie man wirklich die Schüler*innen begeistert überhaupt nicht. Wir beide waren schon immer total mathebegeistert, schon in der Schule, wir hatten auch beide Mathe-Leistungskurs und haben dann gesagt, wenn wir das im Studium nicht lernen, dann versuchen wir uns das Ganze privat oder anders beizubringen und haben dann angefangen auf Instagram, unserer Meinung nach spannende Matherätsel zu posten. Die haben dann in den ersten anderthalb Jahren kaum Anklang gefunden. Wir haben auch Lernvideos erstellt auf Youtube, auch die haben kaum Anklang gefunden. Wir haben in den ersten anderthalb Jahren immer so 10 Aufrufe auf den Videos gehabt, zwei von uns selbst, vier von unseren Eltern und vier von unseren besten Freunden. Also das war erst gar nicht so erfolgreich. Und dann kam irgendwann Tiktok als Plattform dazu und da haben wir dann auch Mathevideos, diesmal kurze Mathevideos hochgeladen, in denen wir versucht haben zu zeigen, dass Mathe wirklich Spaß machen kann und wo man Mathe auch im Alltag braucht. Und da kam dann langsam Schwung rein und so sind wir dann auch beim Thema Mathe geblieben und es ist nach und nach gewachsen.
Was ist eure Formel zum Erfolg?
Johannes: Wir haben dann angefangen, dass wir uns überlegt haben, was finden wir cool? Dann haben wir für uns spannende Matherätsel hochgeladen, haben aber dann gemerkt, dass die Leute das gar nicht so interessant finden wie wir. Und dann haben wir auch erst versucht bei diesen Kurzvideos total innermathematischen Sachen hochgeladen. Also wir haben versucht, ein Thema in 30 Sekunden zu erklären. Nur dieses Thema guckt sich niemand in seiner Freizeit an. Und dann haben wir gemerkt, okay wofür brauche ich Mathe, welche interessanten Mathe-Facts gibt es und so weiter. Und darauf sind wir dann eingegangen und damit kaum dann auch der Erfolg.
Was sind eure Ziele?
Josef: Unser großes Ziel, und das ist auch unser Slogan ist, „Mathe kann jeder, wir wollen das beweisen“. Und darauf versuchen wir wirklich hinzuarbeiten, wir wollen zeigen, dass jeder und jede Mathe kann und auch die Überzeugung hat, dass er oder sie Mathe kann. Und das wollen wir mit ganz verschiedenen Wegen umsetzen. Ein Teil ist mit Sicherheit, den Spaß an der Mathematik zu fördern. Ein anderer Teil ist auch in die Eins-zu-eins-Betreuung zu gehen und da Lernblockaden zu lösen, alte Wissenslücken zu schließen und ein wichtiger Punkt ist für uns auch die Bildungsgerechtigkeit. Wir glauben, dass Digitalisierung sehr viel Potenzial bietet, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Es gibt da Nachhilfemöglichkeiten, die nicht teuer sind, wo auch vielleicht Kinder aus nicht so reichen Familien sich Nachhilfe leisten können. Ich glaube, da ist sehr viel Potenzial. Da wollen wir unseren Weg gehen und beweisen, dass Bildung gerecht sein kann und Mathe jede*r kann unabhängig von Herkunft.
Mathe kann jede*r? Wahrscheinlich würde nicht jeder zustimmen. Für wie realistisch haltet ihr das?
Johannes: Leider lesen wir das total oft unter unseren Videos, dass Leute sagen, ich bin jemand, der kein Mathe kann. Tatsächlich ist es aber sogar nachgewiesen, dass jede*r Mathe kann und das kommt wirklich stark darauf an, wie es einem beigebracht wird. Jede*r hat einen anderen Zugang zu Mathe, der eine ist eher der visuelle Lerner, die andere kann gut mit Formeln und auswendig lernen und diesen individuellen Weg muss man finden. Und da haben es Lehrer*innen natürlich total schwierig, einen Weg zu wählen, der dann für alle 30 Schüler*innen passt. Aber ist die Digitalisierung ein riesiges Hilfsmittel dabei, sodass jede*r seinen persönlichen Lernweg bedienen kann und so für sich Mathe verständlich beigebracht bekommt. Eine ganz wichtige Voraussetzung dafür ist auch, dass man weiß, wofür man das Ganze macht und vor allem, dass gezeigt wird, Mathe kann auch Spaß machen, denn das fehlt den Leuten meistens. Und wenn die zwei Voraussetzungen gegeben sind, dann kann jede*r Mathe und dann haben wir auch schon gesehen, dass Leute, die anfangs eine andere Überzeugung hatten, Mathe am Ende auch konnten und ihnen Mathe auch Spaß gemacht hat.
Josef: Dabei spielen Glaubenssätze auch eine große Rolle. Wir hören auch ganz oft, dass denen gesagt wird, deine Eltern konnten ja auch schon kein Mathe, das hast du wohl geerbt zum Beispiel. Dann hat man direkt bei sich im Kopf drin, bei mir liegt es einfach nicht in der Familie, dass ich Mathe kann. Und ein weiterer Punkt, der auch extrem ist, ist dass oft gesagt wird, Mathe sei eher so ein Ding für Jungs, was überhaupt gar nicht stimmt. Das ist geschlechterunabhängig, ob man Mathe gut oder schlecht kann und diese Klischees wollen wir auch gerne durchbrechen. Die muss man auch durchbrechen diese Glaubenssätze, damit wirklich dann jeder und jede Mathe kann.
Kann man denn bei euch auch etwas lernen, was man in der Schule nicht lernt?
Johannes: Auf jeden Fall. Man kann ganz viel bei uns lernen, was man in der Schule nicht beigebracht bekommt. Es geht allein schon da los, dass man erstmal lernt, wie man überhaupt lernt. Das ist ein Thema, das sollte eigentlich in der Schule durchgehend besprochen werden, wird aber vielleicht nur einmal in der fünften Klasse thematisiert und dann wird den Schüler*innen gesagt, okay jetzt macht mal! Und das mussten wir auch für uns selbst in der Uni herausfinden und diese Lerntechniken geben wir jetzt an unsere Schüler*innen weiter, dass wir denen sofort sagen, du kannst die und die coolen Tricks anwenden und damit machst du dir das Leben so viel einfacher. Das wird einem zum Beispiel nicht in der Schule beigebracht. Und wir gehen auch gerne mit Schüler*innen darauf ein, was möchte ich eigentlich erreichen, wofür brauche ich Mathe? Und das ist dann eine riesige Motivation zu wissen, wofür man Mathe in seinem späteren Leben braucht und auf einmal hat man dann auch die Motivation dahinter.
Josef: Ja auf jeden Fall. Und in der Frage steckt ja auch ein bisschen Kritik am Bildungssystem, wie es jetzt ist. Man hat eben einen Lehrer und 30 Schüler*innen in der Klasse. Und da versuchen wir auch unseren Beitrag zu leisten und das Ganze ein bisschen aufzubrechen und da auch das Bildungssystem zu revolutionieren. Da muss man ganz klar auch die Lehrer*innen in Schutz nehmen, die ihren Lehrplan in einem Schuljahr vermitteln müssen. Da muss man eigentlich auf höherer Ebene ansetzen und da das Ganze aufbrechen, dass die Bildung viel individueller wird und alle Möglichkeiten inklusive Digitalisierung nutzen, um das gesamte Bildungssystem voranzutreiben.
Mit welchen Wünschen kommen denn die Schüler*innen zu euch?
Josef: Das ist tatsächlich ganz unterschiedlich. Ich würde da auch nochmal unterscheiden zwischen Unter- und Mittelstufe und kurz vorm Abitur. In der Unter- und Mittelstufe ist es häufig auch so, dass die Eltern die Nachhilfe für die Kinder buchen. Und dann ist oft das Ziel, von der fünf wegzukommen, nicht versetzungsgefährdet zu sein. Es gibt vereinzelt auch welche, die sagen, mein Kind ist gerade bei der Note zwei, zwei minus, wir wollen aber den Schritt zur eins wagen, das gibt es auch. Und kurz vorm Abitur ist es dann häufig so, dass die Schüler*innen selbst zu uns kommen und ein gutes Abitur haben wollen für ein bestimmtes Studium oder auch das Abitur überhaupt schaffen. Da gibt es von der Bandbreite, ich will eine eins schaffen bis ich will von der fünf wegkommen eigentlich alles. Das ist sehr bunt gemischt vom Verhältnis.
Johannes: Auf jeden Fall. Da versuchen wir auch immer unsere Schüler*innen zu motivieren, sich die Ziele noch höher zu stecken.
Zum Abschluss, was ist euer liebstes Matheproblem?
Josef: Ich glaube, was mich beeindruckt hat, damals in der Schule, sind Extremwertprobleme, dass es einen Unterschied macht, wie man eine Box faltet, damit das Volumen maximal wird, also ob man die Ränder höher oder weniger hoch macht. Und das konnte ich mir lange Zeit nicht wirklich vorstellen, bis ich es mathematisch beweisen und errechnen konnte. Ich finde das total spannend und beeindruckend, dass das möglich ist.
Johannes: Ich wollte genau das Gleich sagen (lachen). Aber ein richtig cooles Thema ist auch ein Hypothesentest. So grob umrissen ist es zum Beispiel so, dass wenn man einen Würfel vor sich liegen hat, kann man sich ja theoretisch fragen, ist der gezinkt oder nicht. Und dann kann man herausfinden durch diesen bestimmten Hypothesentest, ob das mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein gezinkter oder ein echter Würfel ist. Und das finde ich auch eine echt coole Möglichkeit, um Mathe im Alltag anzuwenden und für sich zu nutzen.
Text und Bild: Patricia Brüggemeier