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"Es gibt nur einen Rudi Völler..."

Völler: "Sportlichen Erfolg haben und an Grundlagen arbeiten"

Rudi Völler (Wikipedia) kehrt ab 1. Februar 2023 als neuer Direktor der A-Nationalmannschaft der Männer zum Deutschen Fußball-Bund (DFB) zurück. DFB-Präsident Bernd Neuendorf, DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke und Völler sprachen im Rahmen einer Pressekonferenz über die Personalentscheidung. DFB.de hat mitgeschrieben.

Rudi Völler über...

...seine Entscheidungsfindung: So eine wichtige Aufgabe ist ein kleines Déjà-Vu, aber trotzdem nicht dasselbe. Damals wurde ich Teamchef, jetzt werde ich Direktor Nationalmannschaft. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich entschlossen habe. Nach einigen Tagen und Gesprächen habe ich mich dann überzeugen lassen, dass es gerade für diese Zeit bis zur Europameisterschaft eine gute Lösung ist. Ich wollte eigentlich nach meinem Vertragsende in Leverkusen nichts anderes mehr machen. Die Gründe sind zum einem die kurze Zeit, zum anderen, dass es die Heim-EM ist. Ich will meine Erfahrung für diese 18 Monaten beisteuern, dass wir uns als Deutschland, aber auch als Nationalmannschaft präsentieren und eine tolle EM spielen.

...seinen Arbeitsort: Ich bin ein Kind des Rhein-Main-Gebiets und werde in den anderthalb Jahren hier ein Büro haben und oft in Frankfurt sein, aber auch in Leverkusen. Ich werde pendeln, dass habe ich jahrelang so gemacht. Ich werde vor Ort sein um die Nähe zu halten zu den Mitarbeitern, Spielern und Trainern. Das ist mir sehr wichtig.

...die Herausforderungen: Wir haben überlegt, was man besser machen kann, weil wir ja auch die Heim-EM haben. Das Allerwichtigste sind die Nationalspieler und der Trainer, dass wir uns sportlich gut verkaufen und uns volksnäher geben. Man kann die Zeit nicht um 30 oder 40 Jahre zurückdrehen, aber ich bin überzeugt, dass wir das hinbekommen. Wir müssen versuchen, dass wir es schaffen die Zuschauer, die uns schon so viele Jahre unterstützt haben, wieder auf unsere Seite zu bekommen. Das liegt nicht nur an der Leistung, da ist schon vor Katar ein bisschen was verloren gegangen. Wir würden ein paar Dinge sicherlich heute anders regeln, aber das ist passiert und wir müssen das hinter uns lassen und schauen, dass wir unsere Fans zurückgewinnen. Das geht hauptsächlich über gute Leistungen. Wir müssen sportlichen Erfolg haben und an Grundlagen arbeiten.

...die Nationalmannschaft: Wir sind jetzt in der Gruppenphase ausgeschieden, ich glaube aber immer noch, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben. Es gibt einige Positionen, wo wir vielleicht nicht mehr so gut besetzt sind. Vor der WM waren für mich Brasilien und Frankreich die Mannschaften mit dem besten Kader. Am Ende ist es Argentinien geworden, die von der Qualität der Spieler nicht besser sind als wir, aber sie haben gewisse Dinge besser umgesetzt. Es war eine gewisse Leidenschaft und der Wille da, jeden Ball zu verteidigen. Es war sicher auch unglücklich am Ende, dass wir ausgeschieden sind. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Mannschaft in anderthalb Jahren um den EM-Titel mitspielen kann. Wichtig wird sein, dass wir anders auftreten. Ob es im Training oder in Länderspielen ist. Wir brauchen uns vor den anderen Mannschaften nicht verstecken und dürfen uns nicht kleiner machen, als wir sind. Es ist ein langer Weg über die 18 Monate, aber ich bin überzeugt, dass wir das hinbekommen.

...seine Aufgabe: Ich hatte mit Hansi Flick schon Kontakt, wir werden uns austauschen. Es muss einen Schulterschluss geben, denn es geht nur, wenn alle zusammen arbeiten - die Bundesligaklubs und der DFB. Das wird meine Hauptaufgabe sein. Es war immer klar, dass ich nur diese beiden Mannschaften in meinem Bereich habe. Was kann man verändern, damit besser ausgebildet wird, denn es wurde nicht so ausgebildet, dass Spieler gut weiterentwickelt worden sind. Es wird immer alles auf dem DFB abgeladen, aber es sind natürlich auch die Vereine verantwortlich. Das kann nur zusammen bewältigt werden. In der Akademie muss sicherlich auch etwas verändert werden, ein paar Grundlagen des Fußballs müssen beibehalten werden. Dahin müssen wir wieder zurückkommen.

...das Trainerteam: Mit Hansi und dem Trainerteam werde ich darüber sprechen, was man besser machen kann. Wir werden aber nicht nur das machen, was die Öffentlichkeit fordert. Wir müssen auch guten Fußball spielen. Sportlicher Erfolg ist das Allerwichtigste. Der Bundestrainer ist die wichtigste Position. Natürlich werden wir uns austauschen, aber eins ist klar: Hansi Flick ist der Bundestrainer und er wird die Entscheidungen treffen.

...die Spieler: Die Spieler waren sehr selbstkritisch. Bei allem Talent, das wir haben, hat man schon manchmal das Gefühl gehabt, dass wir diesen Teamspirit, diese Leidenschaft, die Argentinien, Marokko oder Kroatien hatten, nicht so hatten. Da haben ein paar Prozent gefehlt, der letzte Funke, der auch zum Zuschauer am Fernseher überspringt. Man muss natürlich auch ein bisschen Glück haben, aber das verdient man sich auch ein wenig. Wir haben tolle Jungs, das beweisen sie ja in ihren Klubs. Da wird es Aufarbeitung geben, aber ich bin total optimistisch, dass wir mit diesen Spielern erfolgreich sein können. Jetzt werden wir noch eine wunderbare Mannschaft haben auch bei der nächsten WM. Man muss sich eher Sorgen machen, wie es danach aussieht.

Bernd Neuendorf über...

...die Entscheidung: Den Prozess haben alle mitverfolgt. Wir hatten nach der WM die Gespräche mit Hansi Flick und Oliver Bierhoff und dann war klar, dass es mit Hansi weitergeht und wir für Oliver Bierhoff bei der A-Nationalmannschaft und der U 21 jemanden benötigen, der die Verantwortung übernimmt - ausschließlich und ausdrücklich für  den sportlichen Teil. Das war unser Wille und unsere Absicht, im Hinblick auf die EURO. Es ist absolut gut, dass wir Rudi Völler dafür gewinnen konnten. Es ist eine wichtige Weichenstellung mit dieser Personalie. Wir glauben, dass wir mit Rudi Völler jemanden haben, der nicht nur über Sachverstand verfügt, sondern jemanden, mit dem es eine richtig gute Vertrauensbasis und eine gewisse Sympathie gibt.

...die Lehren aus der WM: Es ist, was die Mannschaft betrifft, schon so, dass ich mich im Vorfeld der WM an viele Interviews erinnern kann, wo gefragt wurde, was der DFB in Sachen Menschenrechte macht und welche Zeichen die Mannschaft setzen will. Die Mannschaft hat sich in vielen Interviews geäußert, dass sie Signale setzen will. Dann gab es diese Aktion, die aus dem Kreis der Mannschaft geboren wurde. Die Lehre ist, dass wir versuchen müssen, Klarheit zu schaffen, um Ruhe in den Verband und die Mannschaft zu bekommen. 

...die Task Force: Wir haben insgesamt gesagt, dass es sehr sinnvoll ist, dass wir die Arbeit fortsetzen. Wir werden weiter miteinander sprechen, aber nicht mehr mit diesem Druck und in dieser Form. Es wurde oft öffentlich moniert, dass im DFB zu wenig Sachverstand existiert. Es macht Sinn, über den Tag hinauszuschauen, wie wir langfristig erfolgreich sein können. Dafür kann man diese Runde optimal gebrauchen. 

Hans-Joachim Watzke über...

...Rudi Völler: Rudi und ich kennen uns sehr lange. Am Anfang haben wir uns öfter mal gestritten, aber immer mehr zueinander gefunden, bis es eine Freundschaft und ein Vertrauensverhältnis geworden ist. Er ist die ideale Besetzung für diese Position. Es war eigentlich klar von dem Moment an, als er bereit stand, dass wir alle ein sehr gutes Gefühl haben.

...den Findungsprozess: Wir haben zusammengesessen in der Task Force und dann habe ich spontan gesagt: "Rudi, das wäre doch was für dich". Wir sind ja eher Bauchmenschen und dann war der Stein im Wasser. Wir haben dann tiefgehende Gespräche geführt, was sich rein sportlich ändern muss. Irgendwann hat Rudi gesagt, "wenn ihr das alle befürwortet, bin ich bereit". Das war eigentlich ganz unaufgeregt. Eine gewisse Konfliktfähigkeit gehört auch dazu. Auch wenn es mal einen Konflikt mit Rudi Völler gab, hat niemand gesagt, er wäre unfair behandelt worden. Rudi hat eine Eigenschaft, Leute zusammenzuführen. Er hat etwas Verbindendes.

...die Baustellen: Es ist auffällig, wenn Deutschland als Land der Mittelstürmer plötzlich keinen mehr hat. Wir müssen den Klubs verdeutlichen, dass Verteidigen auch mit Leidenschaft geht. Das ist vielleicht ein Stück weit verloren gegangen. Einmal weniger Belastungssteuerung und einmal mehr Willensschulung wäre auch gut. Wir müssen diskutieren, ob man andere Schwerpunkte setzen muss. Die Klubs sind gefordert und Rudi Völler hat die hohe Akzeptanz in den Klubs.

[dfb]