Den Parteien steht weniger Geld vom Staat zu. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte am Dienstag die vor viereinhalb Jahren beschlossene Anhebung der Obergrenze von staatlichen Zuschüssen für verfassungswidrig und nichtig. Damit hatte ein Antrag der Bundestagsfraktionen von FDP, Grünen und Linkspartei Erfolg.
Hier der Wortlaut (Az. 2 BvF 2/18)
Der Bundestag hatte die Aufstockung von 165 auf 190 Millionen Euro im Jahr 2018 mit den Stimmen von Union und SPD beschlossen. Staatliche Zuschüsse machen etwa ein Drittel der Einnahmen der Parteien aus, ihre Höhe hängt von der Zahl der Wählerstimmen und von sonstigen Einnahmen ab. Dabei dürfen Parteien nicht mehr Geld bekommen, als sie selbst - etwa aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden - erwirtschaften. Zusätzlich gibt es eine absolute Obergrenze für die staatlichen Zuschüsse, die für alle Parteien zusammen gilt. Wird sie überschritten, werden die Zuschüsse anteilsmäßig gekürzt.
Die Grenze wurde im Jahr 1994 auf 230 Millionen Mark festgesetzt und seitdem regelmäßig an die allgemeine Preisentwicklung angepasst. Das ist nach einem früheren Verfassungsgerichtsurteil erlaubt. Unabhängig von der Preisentwicklung darf die Grenze aber nur dann hochgesetzt werden, wenn sich die Verhältnisse "einschneidend" ändern.
Union und SPD argumentierten 2018, dass die Herausforderungen der Digitalisierung eine solche einschneidende Veränderung bedeuteten, etwa weil die Kommunikation mit Anhängern aufwändiger werde. Die damaligen Oppositionsfraktionen FDP, Grüne und Linkspartei zogen gegen die Neuregelung nach Karlsruhe. Das Verfassungsgericht gab ihnen nun Recht: Der Gesetzgeber habe nicht ausreichend erklärt, warum die Erhöhung notwendig gewesen sei.
Die absolute Obergrenze solle verhindern, dass die Bevölkerung den Eindruck von Selbstbedienung aus den öffentlichen Kassen bekomme, erklärte Gerichtsvizepräsidentin Doris König (Wikipedia) in ihrer Einführung. Zwar habe die Digitalisierung die Rahmenbedingungen einschneidend verändert. Eine Anhebung sei aber nur unter drei Voraussetzungen zu rechtfertigen:
(1) Die einschneidende Veränderung müsse alle Parteien betreffen,
(2) von außen auf sie einwirken und
(3) den Finanzbedarf so erhöhen, dass sie ihn nicht aus eigener Kraft finanzieren könnten.
Doch weder der Gesetzesentwurf noch die Beratungen 2018 hätten nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür erbracht, wie hoch der zusätzliche Finanzbedarf sei. Auch seien mögliche Einsparpotenziale nicht eingerechnet worden.
Die AfD-Fraktion (Wikipedia) hatte sich dem Antrag der anderen Fraktionen in Karlsruhe ursprünglich anschließen wollen, was diese aber ablehnten. Deswegen klagte die AfD selbst. Sie bemängelt, dass der Gesetzentwurf 2018 so schnell beschlossen worden sei, dass ihr keine Zeit zur Einarbeitung oder Mobilisierung dagegen geblieben sei. Eine Entscheidung darüber will das Gericht am Dienstagnachmittag verkünden. (Az. 2 BvE 5/18)
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Sarah Maria BRECH / © Agence France-Presse