Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Überlegungen von IOC-Präsident Thomas Bach, Sportler aus Russland und Belarus wieder in den Weltsport zu integrieren, scharf kritisiert. "Ich lade Herrn Bach nach Bachmut ein, dort kann er sich selbst davon überzeugen, dass Neutralität nicht existiert", wird Selenskyj von der französischen Nachrichtenagentur AFP zitiert: "Es ist offensichtlich, dass jedes neutrale Banner russischer Athleten mit Blut befleckt ist."
Bach hatte zuvor in einer Medienrunde am Rande der Rodel-WM in Oberhof die Haltung des IOC bekräftigt, einer Rückkehr russischer Sportlerinnen und Sportler in den Weltsport offen gegenüberzustehen. Es entspreche "nicht den Werten und der Mission der olympischen Charta, Athleten aufgrund ihres Passes auszuschließen", sagte Bach. "Möglicherweise", könnten "russische und belarussische Sportler unter neutraler Flagge" bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris starten.
Es sei unmöglich, "von der Haltung des IOC-Präsidenten nicht enttäuscht zu sein", entgegnete Selenskyj. Er habe "mehr als einmal" mit Bach gesprochen und nie erkennen können, "wie er den Sport vor Kriegspropaganda schützen will, wenn er russische Athleten zu internationalen Wettkämpfen zulässt".
Bach vertrat auch am Freitag in Oberhof den Standpunkt, die Mission des IOC sei es, "alle Athleten aus der ganzen Welt zusammenzubringen, das ist ja das besondere Zeichen von Olympia". Ein dadurch drohender Boykott der Ukraine, den Sportminister Wadym Hutzajt bei Facebook angedroht hatte, sei in diesem Fall "nicht in Einklang mit unserer Mission. Wir kennen die Auffassung der Ukraine, die Russland nicht nur als Staat isolieren will, sondern die totale Isolierung aller Russen verfolgt", so der 69-Jährige.
Bach betonte mehrfach die "dreiteiligen Prinzipien" im Umgang mit dem Thema Ukraine. Die Sanktionen gegen Russland (keine Identifikation, keine internationalen Wettbewerbe auf russischem Boden, keine Einladung für Regierungsvertreter) sollen aufrecht erhalten werden, die Solidarität mit ukrainischen Sportlern bleibt - aber der individuelle Athlet dürfe nicht durch Ausschluss "diskriminiert werden, auch wenn sich Länder im Konflikt befinden". Insgesamt sei die Rückkehr russischer und belarussischer Sportler aber noch "in der Konsultation", so Bach.
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