Der frühere DDR-Regierungschef und Linken-Politiker Hans Modrow ist tot. Er verstarb nach Angaben der Linkspartei in der Nacht zu Samstag im Alter von 95 Jahren. Modrow war von November 1989 bis April 1990 der letzte Vorsitzende des Ministerrats der DDR. Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan erklärten, ohne ihn wäre "der friedliche Verlauf 1989 nicht möglich gewesen". Auch habe Modrow maßgeblich die Geschichte der Linken geprägt.
Modrow hatte am 27. Januar seinen 95. Geburtstag gefeiert. Noch bis zum vergangenen Jahr war er als Vorsitzender des Ältestenrats der Linken in der Parteipolitik aktiv.
Trotz seiner strammen Parteikarriere in der DDR galt er in den 80er Jahren als Alternative zur alten SED-Spitze und als Unterstützer der Reformpolitik Glasnost des Sowjetführers Michail Gorbatschow (Wikipedia). Als Modrow im November 1989 Regierungschef der DDR (Wikipedia) und neben Gregor Gysi (persönliche Seite) stellvertretender Parteivorsitzender wurde, moderierte er den Übergang.
Mitte April 1990 übergab Modrow dann die Regierungsgeschäfte an den Vorsitzenden der DDR-CDU, Lothar de Maizière. Der Politik blieb er dennoch treu. Modrow war noch einige Zeit Volkskammerabgeordneter, wurde Ehrenvorsitzender der PDS, saß mehrere Jahre lang im Bundestag und vertrat seine Partei bis 2004 fünf Jahre lang im Europaparlament.
"Wir wollten die DDR nicht aufgeben", sagte er einmal in einem Interview. Die politische Aufarbeitung ging aber nicht an Modrow vorbei. 1995 wurde er am Ende eines langen Gerichtsstreits für seine Beteiligung an Wahlfälschungen in der DDR zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Die Bewährungsstrafe wurde in einem weiteren Verfahren wegen Meineids auf zehn Monate erhöht.
Bis ins hohe Alter kämpfte Modrow darum, die DDR in ein besseres Licht zu rücken. Als Vorsitzender des Ältestenrates der Linken mischte er sich in die Parteipolitik ein, kritisierte deren Ausrichtung und befand, die Partei sei "inzwischen in westdeutscher Hand". Er galt als Stimme jener zumeist älteren Parteimitglieder, die bis heute der Idee des Staatssozialismus (Wikipedia) anhängen.
Wissler und Schirdewan erklärten, der Linken fehle mit Modrow ein "überzeugter Sozialist" und "aufrechter Mensch". Sie würdigten "seine große Verbundenheit mit unserer Partei und dem Osten Deutschlands" und seinen "Kampf gegen Faschismus und Neofaschismus". Internationale Solidarität und der Einsatz für den Frieden hätten ihn geleitet. "Mahnend und stetig" habe sich Modrow für diese Ziele eingesetzt. "Auch uns regte er mit kritischen Beiträgen immer wieder zum Nachdenken an", erklärten die Linken-Vorsitzenden.
cha/ju© Agence France-Presse