Nach der Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl will CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner (Wikipedia) bei SPD und Grünen um die Bildung einer Zweierkoalition mit seiner Partei werben. Er wolle in Sondierungsgesprächen mit beiden Parteien herausfinden, "ob wir eine Modernisierungskoalition hinbekommen", sagte Wegner am Montag im Bayerischen Rundfunk. SPD und Grüne gaben auch bereits bekannt, jeweils mit der CDU sowie untereinander Gespräche führen zu wollen.
Sowohl Umweltthemen als auch die Sozialpolitik der Stadt seien ihm wichtig, beteuerte Wegner. "Berlin ist eine Stadt der Obdachlosigkeit und der Kinderarmut - und ich möchte, dass Berlin eine Stadt wird, wo jeder seinen Platz findet", sagte der Christdemokrat. Das sei in den vergangenen Jahren unter der SPD nicht passiert.
Der CDU-Politiker warnte die bisherige Regierungskoalition vor einer Neuauflage. "Alle drei Regierungsparteien - SPD, Grüne und Linke - haben verloren", sagte er. Die SPD habe das historisch schlechteste Wahlergebnis eingefahren, das sie je in Berlin hatte - "und die Berliner CDU hat einen klaren Regierungsauftrag".
In die kommenden Gespräche für eine Regierungsbildung geht Wegner "völlig ergebnisoffen". "Ich habe da keine Präferenz und auch keine Vorfestlegung", sagte er weiter. Er wolle sich mit SPD wie mit den Grünen "auf Augenhöhe" austauschen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) will ebenfalls mit Wegners CDU, aber auch mit ihren bisherigen Koalitionspartnern, den Grünen und der Linken, Gespräche führen.
Die 44-Jährige hält dabei jedoch am Führungsanspruch ihrer Partei fest. Das erste Ziel sei es, dass die SPD stärkste Kraft in einer Landesregierung wird, sagte sie im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Das Wahlergebnis sei zu respektieren, aber wer die meisten Stimmen erhalte, steh vor der gleichen Aufgabe wie alle anderen auch. "Es braucht politische Mehrheiten, um eine Landesregierung anzuführen."
Wenn die rot-grün-rote Regierung fortgesetzt werde, braucht es der Regierenden Bürgermeisterin zufolge aber einen angepassten Koalitionsvertrag. "Die Welt hat sich weitergedreht", sagte sie.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch (persönliche Seite) hält an ihrer bisherigen Koalitionspräferenz fest. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir die jetzige Regierungskoalition fortsetzen wollen, das gilt auch weiterhin", sagte sie am Rande einer Gremiensitzung ihrer Partei. Sie wolle trotzdem "ernsthafte" Gespräche mit der CDU führen, fügte sie hinzu.
Jarasch verwies im Deutschlandfunk zugleich darauf, dass zwischen Christdemokraten und Grünen der Weg "zweifellos etwas weiter" sei als anderswo. Dies liege aber an beiden Parteien. Es gebe in der Hauptstadt "einen sehr progressiven Grünen-Landesverband und eine im Kern sehr, sehr konservative CDU".
Aus der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin am Sonntag war die CDU mit 28,2 Prozent als klare Siegerin hervorgegangen. Die Grünen landeten mit nur 105 Stimmen Rückstand hinter Giffeys SPD auf Platz drei. Rechnerisch wäre eine Koalition der Christdemokraten sowohl mit den Grünen als auch mit der SPD möglich. Auch Rot-Grün-Rot hat aber weiter eine Mehrheit.
awe/cfm
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