Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (Wikipedia) hat Großbritannien und den USA wegen der Vertreibung der indigenen Bevölkerung von den Chagos-Inseln (Wikipedia) im Indischen Ozean Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Ein am Mittwoch vorgestellter Bericht der NGO kam zu dem Schluss, dass die "rassistische Verfolgung und die fortgesetzte Blockade ihrer Rückkehr in die Heimat" durch Großbritannien mit Unterstützung der USA ein "fortgesetztes koloniales Verbrechen" darstelle. Nach Angaben von Human Rights Watch HRW (Webseite von HRW) wurden drei Verbrechen gegen die Menschlichkeit festgestellt: ein fortdauerndes koloniales Verbrechen der Zwangsumsiedlung, die Verhinderung einer Heimkehr sowie die Verfolgung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit. Für den Bericht hatte die Menschenrechtsorganisation zahlreiche Dokumente analysiert und Dutzende Menschen befragt, darunter frühere Bewohner der Chagos-Inseln sowie Beamte aus Großbritannien, den USA und Mauritius.
"Das Vereinigte Königreich begeht heute ein entsetzliches koloniales Verbrechen, indem es alle Chagossianer als ein Volk ohne Rechte behandelt", sagte der Hauptautor des 106 Seiten umfassenden Berichts, Clive Baldwin, am Mittwoch. Beide Länder sollten den früheren Bewohnern der Inselgruppe eine Entschädigung zukommen lassen und ihnen die Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen.
Das britische Außenministerium wies die Forderungen zurück. Das US-Außenministerium äußerte sich zunächst nicht zu dem Bericht.
Die Insel-Gruppe gehörte früher zu der ehemaligen britischen Kolonie Mauritius. Im Jahr 1965 beschlossen die britischen Kolonialherren, den Archipel von Mauritius administrativ abzutrennen und unter britischer Verwaltung zu belassen, bevor sie Mauritius 1968 in die Unabhängigkeit entließen.
Zwischen 1968 und 1973 hatten die britischen Herrscher fast 2000 Bewohner des Archipels nach Großbritannien, Mauritius und auf die Seychellen zwangsumgesiedelt, um Platz für eine große gemeinsame Militärbasis mit den USA zu schaffen.
Die UN-Vollversammlung forderte Großbritannien 2019 dazu auf, die Kontrolle über die Chagos-Inseln an Mauritius abzutreten. London müsse innerhalb von sechs Monaten "seine koloniale Verwaltung" von den Inseln abzuziehen. Großbritannien kam der Aufforderung aber nicht nach.
Im November signalisierte die Regierung in London dann Gesprächsbereitschaft über die Souveränität der Inseln, im Januar nahmen London und Mauritius daraufhin Gespräche auf. Außenminister James Cleverly erklärte dazu, die Länder hätten sich darauf geeinigt, dass die Militärbasis auf der Hauptinsel Diego Garcia ungeachtet des Gesprächsausgangs weiter betrieben werde.
kas/bfi © Agence France-Presse