Ein bestürzender Anruf tief in der Nacht: Ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) über ihre Erinnerungen an den Kriegsbeginn gesprochen. Der Anruf ihres Ministeriums erreichte sie zu nachtschlafender Zeit, wie Baerbock in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem "Stern" sagte. "Es dauerte einen Moment, bis ich das Vibrieren des Telefons als echt eingeordnet hatte", sagte sie. "Um 04.51 Uhr wurden erste Explosionen in Kiew gemeldet. Um 04.59 Uhr war meine Büroleiterin am Telefon. Ich sagte: bitte nicht."
Dass der Krieg beginnen könne, sei damals schon klar gewesen, sagte Baerbock. "Aber wenn es passiert, stockt einem trotzdem erstmal der Atem." Sie habe sich dann angezogen und sei ins Auswärtige Amt gefahren. Im Laufe des Tages seien zahlreiche Telefonate und Konferenzen gefolgt.
Am Nachmittag habe sie erstmals Gelegenheit gehabt, mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba zu telefonieren, berichtete Baerbock. Am nächsten Tag dann sei Kuleba per Video zu einer Sitzung der EU-Außenminister zugeschaltet worden.
Am schwersten sei ihr angesichts der Bedrohung, der Kuleba ausgesetzt war, die Verabschiedung am Ende des Gesprächs gefallen, berichtete Baerbock. "Was sagt man da? Tschüs? Auf Wiedersehen? Alles Gute? Plötzlich hat eine Verabschiedung eine ganz andere Bedeutung."
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