Am Jahrestag des russischen Angriffs hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ((Webpräsenz des Bundespräsidenten)) die Menschen in Deutschland auf eine lang anhaltende Kraftanstrengung zur Unterstützung der Ukraine eingestimmt. "Deutschland ist nicht im Krieg, aber dieser Krieg geht uns an", sagte Steinmeier am Freitag bei der zentralen Veranstaltung zum Jahrestag im Berliner Schloss Bellevue. "Unsere Entschlossenheit und unsere Geschlossenheit werden noch auf lange Zeit gefordert sein."
"Der Krieg ist zurück in Europa", sagte Steinmeier. "Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg findet mitten in Europa wieder ein Eroberungsfeldzug statt." Die Ukraine könne sich auf finanzielle, wirtschaftliche und auch militärische Unterstützung aus Deutschland verlassen, sagte der Bundespräsident.
Deutschland und die anderen Verbündeten der Ukraine dürften bei dieser Unterstützung nicht nachlassen, mahnte er. Der russische Präsident Wladimir Putin setze darauf, "dass die Verbündeten der Ukraine irgendwann müde werden, dass wir abstumpfen und wegschauen werden angesichts des Schreckens, der auch für uns schwer auszuhalten ist", sagte er. "Diesen Gefallen werden wir Putin nicht tun!"
Steinmeier äußerte in seiner Ansprache Verständnis für den Wunsch vieler Menschen nach einem baldigen Kriegsende - er warnte zugleich vor falschen Friedenshoffnungen. "Den Frieden ersehnen sich viele Menschen in diesen Tagen - in unserem Land, weltweit, aber nirgends so sehr wie in der Ukraine selbst", sagte der Bundespräsident. "Doch ein Scheinfriede, der nur Putins Landraub belohnt und die Menschen der Willkür der Besatzer überlässt, so ein Friede wird kein Friede sein."
Der russische Überfall habe "uns in eine überwunden geglaubte Zeit gestürzt", sagte Steinmeier weiter. "Russlands Angriffskrieg hat die europäische Sicherheitsordnung in Schutt und Asche gelegt. Er ist ein Angriff auf alle Lehren, die die Welt aus zwei Weltkriegen gezogen hatte. Er ist ein Angriff auf all das, für das auch wir stehen. Das macht den Epochenbruch aus, den wir erleben."
Der Krieg in der Ukraine werde auch über die Zukunft der europäischen Friedensordnung entscheiden, sagte Steinmeier. "Die Ukraine kämpft um ihr Land, ihre Freiheit, ihre Zukunft in Europa", sagte er. "Sie kämpft gegen Landraub und Besatzung. Sie kämpft für das, was jedes Land dieser Welt für sich in Anspruch nimmt - für das, was Voraussetzung ist für gerechten und dauerhaften Frieden."
Steinmeier zeichnete ein düsteres Bild der aktuellen Lage. "Jeden Tag trägt Russland unermessliches Leid in die Ukraine hinein", sagte er. "Und auch ein Jahr nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine geht dieser Krieg mit unverminderter Härte weiter."
Steinmeier rief den russischen Präsidenten auf, den Krieg zu beenden. "Putin weiß, was zu tun ist, wenn er ernsthaft ein Ende des Krieges wollte: Erst, wenn sich russische Truppen zurückziehen, öffnet das den Weg zu Verhandlungen", sagte er. "So fordert es die Resolution der Vereinten Nationen."
Auf Einladung des Bundespräsidenten hatten sich unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) (Webpräsenz des Bundeskanzlers) und die Vorsitzenden von Bundestag und Bundesrat zu dem offiziellem Gedenkakt im Schloss Bellevue eingefunden. Die Veranstaltung wurde in enger Abstimmung mit der ukrainischen Botschaft gestaltet.
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