Nach den rätselhaften Massenvergiftungen von Schülerinnen im Iran hat die Regierung in Teheran erste Festnahmen bekanntgegeben. Das Innenministerium teilte am Dienstag mit, die Sicherheits- und Geheimdienste hätten in sechs Provinzen "eine Anzahl von Menschen" festgenommen. Sie würden der Herstellung gefährlicher Substanzen verdächtigt. Unter den Festgenommenen sei der Vater einer Schülerin.
Zu den Motiven der mutmaßlichen Täter äußerte sich das Ministerium nicht. Drei der Festgenommenen hätten eine kriminelle Vorgeschichte, darunter eine Verwicklung in die kürzlichen "Krawalle", hieß es. Damit bezog sich das Ministerium auf die Proteste seit dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September in Polizeigewahrsam. Die 22-Jährige war festgenommen worden, weil sie gegen die strikte islamische Kopftuchvorschrift verstoßen haben soll.
Dem Innenministeriums zufolge soll einer der Festgenommen "Reizstoffe über sein Kind in die Schule eingeschleust" haben. Nach den Vergiftungen habe er Bilder von Schülerinnen an Medien geschickt, "um Furcht unter den Menschen zu säen und die Schließung von Schulen herbeizuführen".
Seit drei Monaten werden im Iran immer wieder Massenvergiftungen an Mädchenschulen gemeldet. Die Behörden vermuten dahinter einen Versuch, Mädchen von der Schulbildung auszuschließen.
Am Montag hatte der oberste geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, eine "strenge Strafe" für die Vergiftungen angeordnet. Ebenfalls am Montag verkündete der iranische Justizchef Mohseni Edschei, wegen der Vergiftungen festgenommene Menschen sollten wegen "Korruption auf Erden" angeklagt werden, was die Todesstrafe nach sich ziehen würde.
Laut der reformorientierten Zeitung "Etemad" mussten am Montag erneut dutzende Schülerinnen in der östlichen Stadt Kutschan ins Krankenhaus, nachdem sie "unangenehme Gerüche" eingeatmet hatten. In der südwestlichen Provinz Chusestan waren am Sonntag mehr als 700 ähnliche Fälle gemeldet worden.
Laut einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vergiftungswelle wurden seit Ende November mehr als 5000 Schülerinnen in 25 der 31 Provinzen des Landes Opfer von Vergiftungen.
dja/yb Payam DOOST MOHAMADI / © Agence France-Presse