Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Russischer Botschafter in Washington einbestellt

Heftiger Schlagabtausch zwischen Washington und Moskau nach US-Drohnenabsturz

Der Absturz einer US-Aufklärungsdrohne über dem Schwarzen Meer hat die wegen des Ukraine-Kriegs ohnehin starken Spannungen zwischen Washington und Moskau nochmals verschärft. Die US-Regierung machte am Dienstag Russland für den Absturz verantwortlich und bestellte den russischen Botschafter in Washington ein. Moskau seinerseits bestritt, für den Absturz der Drohne vom Typ MQ-9 Reaper verantwortlich zu sein.

Nach Angaben der US-Streitkräfte war die Drohne am Dienstagmorgen auf einem Routine-Aufklärungsflug. Zwei russische Kampfflugzeuge vom Typ Su-27 hätten diese auf "gefährliche und unprofessionelle" Weise im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer abgefangen. Die Kampfjets hätten zunächst Treibstoff auf die Drohne abgelassen, erklärte das regionale Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte in Stuttgart (US Eucom). Dann habe einer der russischen Flieger den Propeller der Drohne berührt, die daraufhin abgestürzt sei.

"Unser MQ-9-Fluggerät führte Routineoperationen im internationalen Luftraum aus, als es von einem russischen Flugzeug abgefangen und gerammt wurde", erklärte US-Luftwaffengeneral James Hecker. "Das führte zu einem Absturz und kompletten Verlust der MQ-9." Pentagon-Sprecher Pat Ryder sagte, der russische Kampfjet habe den Propeller der Drohne "beschädigt". Das unbemannte Fluggerät sei daraufhin "nicht flugfähig" und "unkontrollierbar" gewesen, es sei daraufhin von den US-Streitkräften zum Absturz gebracht worden.

Ryders Angaben zufolge waren die russischen Kampfjets zuvor rund 30 bis 40 Minuten lang neben der Drohne geflogen. Der russische Flieger wurde demnach durch die Kollision mit dem Drohnen-Propeller vermutlich auch beschädigt, konnte aber an einem nicht genannten Ort landen.

Das US-Außenministerium gab nach dem Vorfall bekannt, den russischen Botschafter in Washington einbestellt zu haben. Dabei wollten die USA ihren "starken Widerspruch gegen dieses gefährliche, unprofessionelle Abfangen" der Drohne zum Ausdruck bringen, sagte Ministeriumssprecher Ned Price. In Moskau habe bereits US-Botschafterin Lynne Tracy dem russischen Außenministerium eine "starke Botschaft" übermittelt.

Das russische Verteidigungsministerium bestritt allerdings, dass seine Kampfjets für den Absturz der Drohne verantwortlich gewesen seien. Zwar hätten die Kampfflieger die US-Drohne abgefangen. Es habe aber keinerlei "Kontakt" gegeben, auch hätten die Kampfjets ihre Waffen nicht eingesetzt. 

Vielmehr sei die US-Drohne nach einem "abrupten Manöver" in einen "unkontrollierten Flug mit einem Höhenverlust" übergegangen und dann auf die Wasseroberfläche aufgeschlagen, erklärte Moskau. Die Drohne sei "in der Zone der Krim-Halbinsel" entdeckt worden, welche von Russland annektiert ist. Das unbemannte Fluggerät sei "in Richtung" der russischen Grenze geflogen.

Die Angaben Russlands wurde vom Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, umgehend zurückgewiesen. "Wie weisen das Dementi Russlands zurück", sagte er dem Fernsehsender CNN. Zugleich gab er bekannt, dass die USA "Maßnahmen ergriffen" haben, um das Fluggerät zu bergen. "Wir wollen natürlich nicht, dass es jemand anderes in die Hände bekommt als wir."

Nato-Diplomaten in Brüssel sagten, sie gingen nach dem Vorfall nicht von einer Eskalation aus. Ein westlicher Militärvertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, die diplomatischen Kanäle zwischen Russland und den USA dürften bei der Beruhigung der Lage helfen. "Ich gehe davon aus, dass diplomatische Kanäle das abmildern werden."

Am Schwarzen Meer liegen unter anderem die Ukraine, gegen die Russland Krieg führt, und die Halbinsel Krim. Die USA fliegen schon seit langer Zeit Aufklärungsflüge über dem Schwarzen Meer und beobachten dabei russische Marineeinheiten. Nach Angaben des Pentagon kommt es immer wieder vor, dass russische Kampfjets US-Flüge abfangen. Das bedeutet aber normalerweise lediglich, dass Kampfjets Flüge eine zeitlang begleiten und möglicherweise zum Abdrehen auffordern.

Reaper-Drohnen können für Überwachungsflüge, aber auch für Angriffe mit Raketen und lasergesteuerten Bomben eingesetzt werden. In den vergangenen Jahren haben die US-Streitkräfte mehrere Drohnen dieses Typs verloren - durch Abstürze oder feindlichen Beschuss.

jes


Fabian Erik SCHLÜTER / © Agence France-Presse