Ungeachtet der Corona-Krise sollen die Abiturprüfungen in ganz Deutschland stattfinden. Eine Absage von Prüfungen sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig, stellte die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder am Mittwoch in einem einstimmig gefassten Beschluss fest. Schleswig-Holsteins Kultusministerin Karin Prien (CDU) hatte zuvor ein sogenanntes Anerkennungsabitur ohne Abschlussprüfungen ins Gespräch gebracht und damit auch innerhalb der KMK für Unmut gesorgt.
Bereits seit mehr als einer Woche sind die Schulen und Kitas in Deutschland geschlossen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Von Anfang stand dabei die Frage im Raum, welche Auswirkungen dies auf die Abiturprüfungen in der Ländern hat. Während etwa in Hessen und Rheinland-Pfalz die Prüfungen laufen, wurden sie in Bayern und Baden-Württemberg inzwischen verschoben.
Am Dienstag sorgte Schleswig-Holsteins Kultusministerin Prien schließlich mit ihrem Vorstoß für ein Anerkennungsabitur für Irritationen. Die Ministerin sprach sich dafür aus, die Abschlussprüfungen notfalls ausfallen zu lassen und die Abiturnote auf Grundlage der bisher erbrachten Leistungen zu ermitteln. Dies stieß unter den Kultusministern der Länder zum Teil auf heftigen Widerstand.
Die Minister berieten deshalb am Mittwochmittag in einer Telefonschaltkonferenz über das weitere Vorgehen. Die Stimmung sei anfangs "sehr angespannt" gewesen, sagte die amtierende KMK-Präsidentin, die rheinland-pfälzische Kultusministerin Stefanie Hubig (SPD). Wichtig sei aber, dass sich die Minister auf ein einheitliches Vorgehen geeinigt hätten.
Der einstimmige KMK-Beschluss sieht vor, dass die Prüfungen zum geplanten oder zu einem Nachholtermin bis zum Ende des Schuljahres stattfinden, "soweit dies aus Infektionsschutzgründen zulässig ist". Die Gesundheit der Schüler und Lehrer gehe immer vor, betonte Hubig. Die Situation sei sehr dynamisch und könne sich jeden Tag ändern.
Der nun gefasste Beschluss der Kultusminister betrifft alle Prüfungen, also neben den Abiturprüfungen beispielsweise auch die Prüfungen zum mittleren Abschluss nach der zehnten Klasse. Prüfungen können demnach grundsätzlich auch in geschlossenen Schulen stattfinden.
Die KMK versicherte, dass die Schüler keine Nachteile aus der jetzigen Ausnahmesituation haben würden und noch in diesem Schuljahr ihre Abschlüsse erwerben könnten. Die Länder würden diese auch gegenseitig anerkennen. Möglich ist es laut dem Beschluss auch, ausnahmsweise auf zentrale Elemente aus dem Abituraufgabenpool zu verzichten und diese durch dezentrale Elemente zu ersetzen.
In Schleswig-Holstein sollen die Abiturprüfungen nach Angaben von Kultusministerin Prien wie geplant ab dem 21. April stattfinden. Für die Schüler in ganz Deutschland bestehe durch den KMK-Beschluss jetzt Klarheit, erklärte sie Ministerin.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht trotz des Beschlusses noch weiter offene Fragen. Das Ziel, die Gesundheit der Lehrer und Schüler zu schützen, werde durch die Regelung nicht erreicht, erklärte GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann. Offene Fragen wie der Schutz vor Infektionen seien nicht geklärt.
Es werde auch keine Chancengleichheit geschaffen, erklärte Hoffmann. So stünden etwa die Schüler, die jetzt etwa in Hessen ihr Abitur machten, wegen der Corona-Krise unter "starkem psychischen Druck". Zudem sei die Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen in Deutschland sehr unterschiedlich.
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