In einer bundesweiten Erhebung zu Einstellungen von Polizistinnen und Polizisten zeigen erste Ergebnisse, dass Fälle von verfestigten problematischen Einstellungen eher selten vorkommen. Es gebe "nur eine sehr kleine Gruppe", die "durchgängig problematische Einstellungen zeigt", erklärte Projektleiterin Anja Schiemann (Wikipedia) von der Deutschen Hochschule der Polizei anlässlich der Veröffentlichung eines Zwischenberichts am Dienstag in Berlin.
"Es gibt aber eine große Anzahl derjenigen, die sich ambivalent verhält, also stereotypen, menschenfeindlichen Aussagen nicht eindeutig ablehnend gegenübertreten", fügte Schiemann hinzu. "Insofern findet man zwar wenige Hinweise auf radikale Positionen, aber einige Eindrücke, die auf Verunsicherungen und uneindeutige Positionen schließen lassen. Hier werden sich im weiteren Projektverlauf Analysen anschließen."
Die Hochschule hatte das Projekt zu "Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten" vor rund zwei Jahren begonnen. In den Zwischenbericht flossen zum einen teilnehmende Beobachtungen in 14 Städten ein und zum anderen Online-Befragungen von Polizeimitarbeitenden aus Bund und Ländern zwischen November 2021 und Oktober 2022 ein. Dabei wurden laut der Hochschule mehr als 50.000 ausgefüllte Fragebögen in die Auswertung einbezogen.
Der Zwischenbericht zeigt erste Erkenntnisse in verschiedenen Teilbereichen. Unter anderem haben demnach Polizistinnen und Polizisten allgemein eine hohe Identifikation mit ihrer Arbeit und auch eine hohe Motivation. Viele schilderten Belastungen unter anderem durch Schichtarbeit, Erfahrungen wie Straftaten gegenüber Kindern, Personalmangel und Bürokratie. Auch von Erfahrungen mit Beleidigungen und körperlicher Gewalt während der Arbeit wurde berichtet.
"Im Bereich der Einstellungen zur Diversität, Autoritarismus und verschiedenen Gruppen der Gesellschaft sowie zum demokratischen System findet sich allenfalls eine kleine Anzahl von Personen, die ein konsistent menschen- und demokratiefeindliches Weltbild aufweist", heißt es in dem Zwischenbericht. "Dies sollte jedoch nicht als Entwarnung verstanden werden, denn zum einem finden sich in jedem der untersuchten Einstellungsbereiche für sich genommen durchaus mehr als nur Einzelfälle, bei denen die individuelle Einstellung kaum mit den Leitbildern der Polizei in Einklang zu bringen ist."
Zum anderen werde deutlich, "dass es einen klar erkennbaren Personenkreis gibt, der sich nur ambivalent, unentschlossen oder zaghaft zur Unterstützung von Demokratie, Diversität und ähnlichen Themen äußern mag", heißt es in dem Zwischenbericht weiter. "Beobachtetes Fehlverhalten" durch Kolleginnen und Kollegen wiederum sei "keine Alltäglichkeit, aber auch keine absolute Ausnahme".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), deren Haus die Studie finanziell fördert, erklärte, es gebe "null Toleranz gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen von Menschenfeindlichkeit". Jeder derartige Vorfall müsse "deutliche Konsequenzen" haben. "Das schulden wir der überwältigenden Mehrheit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die für unsere vielfältige Gesellschaft einstehen."
In Auftrag gegeben hatte die Studie noch Faesers Vorgänger im Innenministerium, Horst Seehofer (Wikipedia) (CSU). Hintergrund waren Debatten über die Frage, inwieweit es strukturellen Rassismus in der Polizei gebe. Die Studie soll den Angaben vom Dienstag zufolge nun fortgesetzt werden, unter anderem mit der Auswertung weiterer Online-Fragebögen. Die Förderung für das Projekt läuft noch bis ins kommende Jahr hinein.
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