Im
letzten Jahr löste der Krieg in der Ukraine die inzwischen größte
Fluchtbewegung in Europa seit dem zweiten Weltkrieg aus. Über eine
Million Ukrainerinnen und Ukrainer haben seitdem Schutz in Deutschland
gefunden – die Mehrheit davon sind Frauen sowie Kinder und Jugendliche
unter 18 Jahren. Mit Aktivierung der sogenannten
“Massenzustrom-Richtlinie” am 4. März 2022 machte der Rat der
Europäischen Union den Weg frei für die Erteilung humanitärer
Aufenthaltstitel ohne Asylverfahren. Mit diesem "vorübergehenden Schutz"
erhalten ukrainische Geflüchtete – zunächst befristet bis März 2024 –
sofort Zugang zu Arbeit, Bildung sowie zu medizinischer Versorgung und
Sozialleistungen.
Sprachkenntnisse als Voraussetzung bei der Jobsuche
Während
der Fokus zu Beginn auf der Erstversorgung und der Suche nach einer
Unterkunft lag, stellt sich inzwischen zunehmend die Frage nach der
Arbeitsmarktintegration.
Das Qualifikationsniveau ukrainischer
Geflüchteter, die derzeit in Deutschland leben, ist durchaus hoch – dies
zeigte eine aktuelle Umfrage:
Demzufolge verfügen 72 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine über
einen Hochschulabschluss und 11 Prozent über einen beruflichen
Ausbildungsabschluss. Damit sie mit ihren Qualifikationen auch eine
passende Beschäftigung finden können, sind in der Regel deutsche
Sprachkenntnisse erforderlich. Das BAMF hat deshalb sein Angebot an
Integrationskursen im vergangenen Jahr stark ausgebaut und so eine
breite Kursteilnahme ermöglicht.
Künftig sind berufsbezogene Deutsch-Sprachkurse entscheidend für die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Daher ist es besonders wichtig, dass auch berufsbegleitende Sprachkurse geschaffen und weiter ausgebaut werden.
Aktuell sind laut Bundesagentur für Arbeit rund 65.000 Ukrainerinnen und Ukrainer mehr in Deutschland beschäftigt als vor Kriegsbeginn. Hinzu kommen 21.000 Minijobberinnen und -jobber aus der Ukraine. Diese Zahlen sind im europäischen Vergleich noch niedrig. Allerdings ist zu erwarten, dass dem Arbeitsmarkt ab dem zweiten Quartal 2023 eine größere Zahl von Geflüchteten mit deutschen Sprachkenntnissen zur Verfügung steht, weil diese voraussichtlich bis dahin entsprechende Kurse abgeschlossen haben werden.
Unternehmen zeigen sich sehr interessiert
Eine aktuelle repräsentative Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag des NETZWERKS „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ verdeutlicht das große Interesse der Betriebe daran, ukrainische Geflüchtete einzustellen: Mehr als 25 Prozent der Befragten geben an, bereits Kontakt mit Schutzsuchenden aus der Ukraine zu haben. Dabei sind persönliche Kontakte der eigenen Mitarbeitenden zu Geflüchteten der häufigste Weg, um mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus richten viele Ukrainerinnen und Ukrainer direkt Beschäftigungsanfragen an die Unternehmen (37 Prozent). Etwa ein Drittel der Betriebe, die bisher Kontakt zu Geflüchteten hatten, berichtet, dass aus den Bewerbungen eine Anstellung resultierte. Neben dem Spracherwerb und der Rechtssicherheit nennen die Unternehmen die Bleibeabsichten der Geflüchteten als weitere wichtige Voraussetzung für eine Beschäftigung.
IHK-Organisation steht beratend zur Seite
Gemeinsam mit IHK-Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern steht die IHK-Organisation Unternehmen und Geflüchteten mit Rat und Tat zur Seite. Schutzsuchenden aus der Ukraine bietet sie zudem als neue Serviceleistung einen Erstberatungs-Check zu ihren Berufsqualifikationen an. Dabei werden Informationen zu Berufsabschlüssen, Arbeitserfahrungen und Sprachkompetenzen erhoben, um den Einstellungsprozess zu erleichtern.
Das 2016 gegründete Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ ist ein gemeinsam von der DIHK und dem Bundeswirtschaftsministerium finanziertes Projekt. Es unterstützt Betriebe bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und seit März 2022 auch konkret bei der Beschäftigung von Ukrainerinnen und Ukrainern. In Beratungsgesprächen, mit Informationen im Print- und Onlineformat sowie bei zahlreichen Informationsveranstaltungen leistet das Netzwerk Hilfestellung zu Fragen rund um die Beschäftigung von Geflüchteten aus der Ukraine.
Ansprechpartnerin:
Anne Courbois, DIHK Berlin, +49 30 20308 1119
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