China hat am Donnerstag mit scharfer Kritik auf das Treffen von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy reagiert und eine "entschlossene und energische" angekündigt. Nach einem Flugzeugträger schickte Peking auch Kriegsschiffe in die Gewässer um Taiwan, wie es am Donnerstag aus Taipeh hieß. Tsai und McCarthy hatten bei ihrem Treffen zuvor Geschlossenheit demonstriert.
"Die Vereinigten Staaten und Taiwan haben sich verschworen", um "ihre Beziehungen zu stärken", sagte die chinesische Außenamtssprecherin Mao Ning am Donnerstag. Dies beeinträchtige die chinesische Souveränität schwer und sende ein "falsches Signal der Unterstützung an die taiwanischen Separatisten". China werde "entschlossene und energische Maßnahmen ergreifen, um seine nationale Souveränität und die territoriale Integrität zu schützen", sagte die Außenamtssprecherin.
Wenige Stunden vor Beginn des von Peking wiederholt scharf kritisierten Treffens zwischen Tsai und McCarthy stationierte China einen Flugzeugträger südöstlich von Taiwan. Zudem sollten die Patrouillen in den Gewässern zwischen dem Festland und der Insel verstärkt werden.
Taiwans Verteidigungsministerium erklärte am Donnerstagmorgen, dass drei weitere Kriegsschiffe und ein Hubschrauber der chinesischen Armee in der Nähe von Taiwan entdeckt worden seien.
Der taiwanische Verteidigungsminister Chiu Kuo-cheng bezeichnete den Zeitpunkt der Entsendung des chinesischen Flugzeugträgers als "heikel". Normalerweise gebe es dann Starts und Landungen von Flugzeugen, die zunächst nicht festgestellt worden seien. "Wir werden das weiter beobachten." Chiu zufolge schließt Taiwan nicht aus, dass die Stationierung ein Auftakt für chinesische Militärübungen ist.
Ein Taiwan-Besuch von McCarthys Vorgängerin an der Spitze des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte im vergangenen Jahr für massive Spannungen gesorgt. China hielt als Reaktion auf die Reise der Parteifreundin von Präsident Joe Biden große Militärmanöver in den Gewässern vor Taiwan ab. Die Reaktion Chinas auf das Treffen Tsais mit McCarthy fiel nun zunächst deutlich weniger scharf aus. Taiwan versetzte sich dennoch in höchste Alarmbereitschaft.
Die Spannungen zwischen Peking und Taipeh kommen zu einem Zeitpunkt, an dem sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Gesprächen mit Chinas Staatschef Xi Jinping in Peking befinden. Außerdem traf am Donnerstag eine Delegation des US-Kongresses zu Gesprächen über Handel und Sicherheit in Taiwan ein.
Tsai und der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses McCarthy hatten sich am Mittwoch in den USA nahe Los Angeles getroffen. Anschließend sagte Tsai, der Empfang durch zahlreiche Parlamentarier von McCarthys Republikanischer Partei und der Demokratischen Partei von US-Präsident Biden zeige, dass Taiwan "nicht isoliert und nicht alleine sei".
McCarthy sagte, er sei "optimistisch", dass die USA und Taiwan weiter Wege finden würden "zusammenzuarbeiten, um wirtschaftliche Freiheit, Demokratie, Frieden und Stabilität in Asien zu fördern". Ein gemeinsamer Glaube an Demokratie und Freiheit sei "das Fundament" einer dauerhaften Beziehung.
McCarthy, der das dritthöchste Staatsamt in den USA innehat, und Tsai hatten sich ungeachtet chinesischer Kritik und Drohungen getroffen. McCarthy hatte ursprünglich geplant, nach Taiwan zu reisen, entschied sich dann jedoch für ein Treffen in Kalifornien. Der Schritt wurde als Kompromiss gesehen, Taiwan zu unterstützen, aber Spannungen mit China zu vermeiden.
Seit der Spaltung zwischen Festlandchina und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will - notfalls mit militärischer Gewalt. Diplomatische Beziehungen anderer Länder zu Taiwan betrachtet Peking als Verletzung seiner Ein-China-Politik. Die USA erkennen offiziell die Regierung in Peking als Vertreterin Chinas an, sind zugleich aber wichtige Verbündete Taiwans.
mhe/ck
Amber Wang und Matthew Walsh / © Agence France-Presse