China hat im Rahmen seines dreitägigen Militärmanövers rund um Taiwan nach eigenen Angaben Angriffe auf die Insel geübt. Die Militärverbände hätten am Sonntag, dem zweiten Tag des Manövers, "gemeinsame Präzisionsschläge" gegen "Schlüsselziele auf der Insel Taiwan und in den umliegenden Gewässern" simuliert, berichtete der chinesische Staatssender CCTV.
Mit dem Manöver reagierte Peking auf einen kürzlichen USA-Besuch der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen.
Laut CCTV hielten die chinesischen Verbände die Insel Taiwan am Sonntag weiterhin "eng umzingelt". Peking habe dutzende Armeeflugzeuge eingesetzt, um "in den anvisierten Luftraum zu fliegen". Bodentruppen führten demnach zudem Übungen mit "Präzisionsschlägen mit mehreren Zielen" aus.
Das taiwanische Verteidigungsministerium sichtete eigenen Angaben zufolge am Sonntag bis zum Nachmittag (Ortszeit) elf chinesische Kriegsschiffe und 70 Militärflugzeuge in der Nähe der Insel. Das Ministerium versicherte, es reagiere auf das Manöver "in einer ruhigen und zurückhaltenden Weise".
Ein Sprecher des US-Außenministeriums hatte zuvor angesichts der Manövers gesagt, Washington beobachte Chinas Handlungen genau. "Wir haben stets zur Zurückhaltung aufgerufen und dazu, den Status quo nicht zu ändern", ergänzte er. Die Kommunikationskanäle mit Peking blieben offen.
Zugleich betonte der US-Ministeriumssprecher, dass die Vereinigten Staaten "über ausreichende Ressourcen und Fähigkeiten in der Region verfügen, um Frieden und Stabilität zu gewährleisten und unsere nationalen Sicherheitsverpflichtungen zu erfüllen".
Die USA unterstützen Taiwan seit Jahrzehnten beim Aufbau seiner Verteidigungsfähigkeit, bekennen sich aber nicht ausdrücklich dazu, der Insel im Falle eines Angriffs militärisch beizustehen.
Chinas Armee bezeichnete das Manöver als "Warnung" an "separatistische Kräfte". Seit der politischen Spaltung zwischen Festlandchina und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will - notfalls mit militärischer Gewalt.
Die Spannungen in der Taiwan-Frage waren zuletzt durch den Besuch Tsais in den USA angeheizt worden. Die taiwanische Präsidentin hatte dort am Mittwoch in Kalifornien den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen. Der Republikaner McCarthy übt nach Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris das dritthöchste Amt in der staatlichen Hierarchie der USA aus.
Peking reagierte wütend auf das Treffen zwischen Tsai und McCarthy und bezeichnete dies als "schweren Verstoß gegen die Ein-China-Politik". Im Rahmen dieser Politik beansprucht Peking, der alleinige Repräsentant Chinas zu sein. Die meisten Staaten der Welt, darunter die USA, halten sich an die Ein-China-Politik, die Voraussetzung für diplomatische Beziehungen zu Peking ist.
Tsai warf ihrerseits Peking am Samstag einen "autoritären Expansionismus" vor. Sie stellte klar, dass Taiwan "weiterhin mit den Vereinigten Staaten und anderen Ländern (...) zusammenarbeiten wird, um die Werte von Freiheit und Demokratie zu verteidigen".
dja James EDGAR / © Agence France-Presse